
Ein paar nette Worte, eine wohltuende Umarmung: Empathie kann so manchen Schmerz lindern. Forscher haben nun herausgefunden, wie es Menschen beeinflusst, wenn sie ihr Gegenüber als mitfühlend wahrnehmen.
Empathie ist ein Wundermittel für gutes Miteinander. Wer sich in die Gefühle anderer hineindenken kann, weiß, welche Worte trösten und hat oft einen guten Ratschlag parat. Kein Wunder also, dass empathische Menschen besonders beliebt sind – und jene, die ihre Mitmenschen als mitfühlend erleben, zufriedener sind und leichter Freundschaften knüpfen. Das fanden Forscherinnen und Forscher der Universität Stanford in einer Studie heraus, die im Fachjournal „Nature Human Behaviour“ veröffentlicht wurde.
Als Empathie wird in der Psychologie allgemein die Fähigkeit bezeichnet, die Gedanken, Gefühle und Perspektiven anderer zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Sie setzt sich aus zwei Hauptkomponenten zusammen: der kognitiven Empathie, also dem rationalen Verstehen, sowie der emotionalen beziehungsweise affektiven Empathie, dem Mitfühlen. Dazu gehört aber auch, angemessen zu reagieren, die Freundin in den Arm zu nehmen, einem Kollegen Hilfe anzubieten oder sich bei einer positiven Nachricht für die Schwester zu freuen.
In den drei Teilstudien mit etwa 5000 Probandinnen und Probanden, untersuchten die Gruppe um die Neurowissenschaftlerin Grit Hein von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg zwei Jahre lang den Zusammenhang zwischen Empathie und Wohlbefinden. Die Forscher schließen daraus, dass sich Einsamkeit aktiv verringern lässt – etwa, indem man Empathie sichtbarer macht. Wenn bekannt ist, wie empathisch andere sind, entstehen mehr Freundschaften, und Menschen gehen häufiger aufeinander zu.
Würden Sie Mitmenschen helfen, denen es schlecht geht? Mit dieser Frage wollten die Wissenschaftler außerdem herausfinden, wie stark Fremd- und Selbstwahrnehmung voneinander abweichen. Das Ergebnis: Etwa 24 Prozent der Befragten hielten sich für empathischer als ihre Mitmenschen.
In einem Experiment wurden Studenten in Wohnheimen mit Infoblättern darüber informiert, wie viele ihrer Mitbewohner sich selbst als empathisch einschätzen. So wollte die Gruppe prüfen, ob das Wissen über vermeintliche Mitmenschlichkeit das eigene Verhalten beeinflusst. Und tatsächlich zeigte sich ein Effekt: Die Studenten gingen häufiger auf andere zu und wagten mehr soziale Kontakte – sie hielten ihre Umgebung schlicht für besonders empathisch.
„Unsere Forschung zeigt, dass Empathie durch das Beobachten empathischer Reaktionen anderer gelernt wird“, sagt Hein, Professorin für Transnationale Soziale Neurowissenschaften. Textnachrichten oder Poster, die über empathisches Verhalten anderer berichten, könnten solche Lernvorgänge anregen, fügt Hein hinzu.
Allein die wahrgenommene Empathie mit solchen Mitteln zu erhöhen, führe schon zu einer Verhaltensänderung bei Menschen. „Es wurden mehr soziale Risiken eingegangen. Und die soziale Verbundenheit, gemessen durch die Anzahl enger Freunde, wurde verstärkt“, erklärt die Neurowissenschaftlerin.
Hein kritisiert jedoch, dass die wahrgenommene Empathie in der Studie nicht von Dauer war. Zudem sei fraglich, ob die beobachteten Effekte auch auf Personen zutreffen, die nicht Studenten einer amerikanischen Eliteuniversität sind.