Pressestimmen zum Alaska-Gipfel: „Widerwärtig. Beschämend. Und letztendlich nutzlos“

Die internationale Presse äußert sich nach dem Treffen zwischen Trump und Putin weitgehend resigniert. Aus Spanien wird den Amerikanern der „Untergang einer amateurhaften Diplomatie“ bescheinigt.

Nnach dem Alaska-Gipfel von US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putinum Ukraine-Gipfel in Alaska äußert sich die internationale Presse.

„The Independent“, Großbritannien

Trotz der Aufregung um das erste Gipfeltreffen zwischen den USA und Russland seit 2021 – und dem ersten zwischen Donald Trump und Wladimir Putin seit sieben Jahren – war klar, dass das Treffen in Alaska niemals zu einem Deal im Sinne eines detaillierten Vertrags führen würde, der Fragen der Souveränität, Grenzen, Sicherheitsgarantien, Gefangenen, entführten Zivilisten, Rohstoffrechte und vieles mehr regelt. Letztendlich wird dies aber erforderlich sein, um so etwas wie einen nachhaltigen Frieden in der Region zu sichern, wenn auch unter dem ständigen und begründeten Verdacht, dass Putin sein Wort nicht halten würde – selbst wenn er es Präsident Trump gegeben hat. (…)

Wenn Europa bei einer Lösung mitreden will, muss es sich dies durch militärisches und wirtschaftliches Engagement verdienen. Angesichts des erklärten Wunsches der USA, ihre Präsenz auf dem Kontinent und ihre Rolle in der Nato zu reduzieren, wird dies in der Tat unerlässlich sein. Eine Struktur für eine lange Phase detaillierter Friedensverhandlungen an einem geeigneten neutralen Ort sollte Teams aus der Ukraine, Russland und den USA sowie eine gemeinsame europäische Präsenz umfassen. Die wirklich harte Arbeit an einem Friedensabkommen hat gerade erst begonnen.

„De Tijd“, Belgien

Die Ukraine und Europa hatten dem Treffen in Alaska zu Recht mit angehaltenem Atem entgegengesehen. Denn wer saß da in Anchorage am Verhandlungstisch? Ein launischer Präsident, der sich als Waffenhändler entpuppt hat, und ein ausgefuchster Präsident, der einen verheerenden Krieg gegen ein Nachbarland begonnen hat. Es war eine Inszenierung, die bestenfalls der Anfang eines langen Friedensprozesses sein kann. Dieser Prozess kann jedoch erst dann wirklich in Gang kommen, wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit am Tisch sitzen darf.

Europa muss sich uneingeschränkt für die Ukraine einsetzen und darf sich nicht in die Ecke drängen lassen. Andernfalls laufen wir Gefahr, die Leidtragenden zu sein, wenn über unsere Köpfe hinweg ein schlechter Deal ausgehandelt wird. Im Vorfeld des Gipfels fanden die europäischen Staats- und Regierungschefs bereits Gehör bei Trump, auch wenn dies keine längerfristige Garantie darstellt. Die EU sollte sich auf einen wilden Ritt einstellen, ohne dabei das Endziel aus den Augen zu verlieren: ein Friedensabkommen, das für die Ukraine gerecht ist und die Sicherheit Europas garantiert.

„Neue Zürcher Zeitung“, Schweiz

Im Grunde ist das bescheidene Ergebnis des Gipfels aber wenig überraschend. Der russische Außenminister Lawrow machte die Haltung seines Landes bei seiner Ankunft in Anchorage gleich mit einem modischen Statement klar: Er trug ein Shirt mit der kyrillischen Abkürzung für „UdSSR“. Es ist kein Geheimnis, dass der Zerfall der Sowjetunion für (Kremlchef Wladimir) Putin eine große Katastrophe war und er das alte Imperium am liebsten wieder auferstehen lassen will. Diesen Traum wird der Kremlchef nur unter großem Druck aufgeben.

Deshalb stellt sich nun die Frage, ob (US-Präsident Donald) Trump seine Sanktionsdrohungen gegenüber Moskau endlich umsetzen wird. Er hatte diese Woche „sehr schwere Konsequenzen“ angekündigt, sollte Putin am Freitag einem Ende des Kriegs nicht zustimmen. Möglicherweise könnte der amerikanische Präsident das Problem aber nun auch ganz den Europäern überlassen. Politisch wäre dies allerdings nicht ganz einfach für ihn. Eine neue Umfrage zeigt, dass die Unterstützung für die Ukraine auch unter republikanischen Wählern wieder zugenommen hat. (…)

Putin hat klargemacht, dass er keinen bedingungslosen Waffenstillstand will. Nun ist es eigentlich an Trump, sich dies endlich einzugestehen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

„Kyiv Independent“, Ukraine

Widerwärtig. Beschämend. Und letztendlich nutzlos. Das waren die Worte, die uns in den Sinn kamen, als wir den Alaska-Gipfel verfolgten. Auf unseren Bildschirmen wurde ein blutbefleckter Diktator und Kriegsverbrecher im Land der Freiheit königlich empfangen – während seine Angriffsdrohnen auf unsere Städte zusteuerten.

Vor dem Treffen in Alaska erklärte Trump, er wolle „noch heute einen Waffenstillstand“ und Putin habe „schwerwiegende Konsequenzen“ zu erwarten, wenn er sich nicht darauf einlasse. Doch nach einem zweieinhalbstündigen Treffen hinter verschlossenen Türen traten Trump und Putin vor die Presse, um … nichts mitzuteilen. (…)

Trump hat nicht bekommen, was er wollte. Aber Putin? Der schon. (…) Er war nicht länger ein internationaler Paria, sondern wurde endlich vom Führer der freien Welt akzeptiert – und respektiert. Trumps Vorgänger (Joe Biden) hat Putin einmal als Mörder bezeichnet; Trump bereitete ihm einen königlichen Empfang.

„De Volkskrant“, Niederlande

Während europäische Staats- und Regierungschefs versuchen, die Fiktion einer westlichen Einheit aufrechtzuerhalten, macht die Trump-Regierung immer wieder deutlich, dass sie „Bidens Krieg“ loswerden will. Da weiterhin davon auszugehen ist, dass sich die Ukraine ohne amerikanische Waffen und Geheimdienstinformationen nicht halten kann, gibt dies Donald Trump die Macht, Kiew und die europäischen Verbündeten zu Zugeständnissen zu zwingen.

Ob Trump eine solche Macht auch gegenüber Wladimir Putin hat, bleibt abzuwarten. Theoretisch bietet seine Friedensinitiative die Chance, gemeinsam den Druck auf Russland auf überzeugendere Weise zu erhöhen, als es (Trumps Vorgänger) Joe Biden jemals gelungen ist. Bislang gibt Trump leider instinktiv immer wieder (dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr) Selenskyj die Schuld für den Krieg, nicht Putin. (…) Derweil sitzt eine willensstarke, aber erschöpfte Ukraine zwischen Putins maximalistischen Zielen und seiner riesigen Armee einerseits und halbherziger westlicher Unterstützung andererseits fest.

„El País“, Spanien

Der Gipfel wird in die Geschichte eingehen, aber nicht so, wie es sich Trumps Weißes Haus erhofft hatte. Er wird als Untergang einer amateurhaften Diplomatie in Erinnerung bleiben, die Trumps korrupte Vetternwirtschaft in der Regierung etabliert hat. (…)

Ihm gegenüber stand eine exzellente, disziplinierte und effiziente Institution, geschmiedet mit der Professionalität der sowjetischen Geheimdienste und des Militärs sowie der stalinistischen Agitprop, die es versteht, die Eitelkeit, Gier und Korruption des Systems Trump auszunutzen. (…)

Nichts kann das Ausmaß des Scheiterns verbergen. Putin verlässt den Gipfel lächelnd, ohne dass Trump eine seiner vagen Drohungen wahr gemacht hätte. (…) Und er ist kein Paria mehr. Er tritt demjenigen, der sich zum Anführer der freien Welt erklärt, als seinesgleichen gegenüber – ohne auch nur einen einzigen Tadel zu erhalten. (…)

Politisch hätte es noch schlimmer kommen können, wenn es zu Vereinbarungen oder gar zu einer Art Waffenstillstand gekommen wäre, denn dann hätte Russland seine diplomatische Überlegenheit voll ausspielen können. Wahrscheinlich war es der jüngste Druck Europas auf Trump, der eine noch größere Katastrophe verhindert hat. Daher sollte sich Europa von Trumps Fehlschlag nicht entmutigen lassen. (…) Der gerechte und notwendige Frieden für die Ukraine ist definitiv eine Angelegenheit der Europäer.

AFP/dpa/krö