Südkoreas Parlament hat die Aufhebung des von Präsident Yoon Suk-yeol verhängten Kriegsrechts gefordert. Die anwesenden Abgeordneten hätten für eine entsprechende Resolution gestimmt, berichteten südkoreanische Sender. Yoon müsse gemäß der Verfassung den Ausnahmezustand aufheben, wenn das Parlament mehrheitlich dafür stimme.
Zuvor hatte Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol am Dienstagabend das Kriegsrecht verhängt. In einer nicht angekündigten Fernsehansprache begründete Yoon seinen Schritt damit, dass die parlamentarische Opposition mit ihrer Mehrheit im Abgeordnetenhaus „staatsfeindliche Aktivitäten“ unternommen und „die Verwaltung gelähmt“ hat.
Das Kriegsrecht ist in Südkorea seit den achtziger Jahren nicht mehr verhängt worden. „Durch dieses Notstandskriegsrecht werden wir eine freie Republik Korea wieder aufbauen und schützen“, fügte der konservative Yoon hinzu.
General soll Kriegsrecht durchsetzen
Mit der Durchsetzung des Kriegsrechts wurde General Park An-su betraut, der in einem ab 23 Uhr Ortszeit geltenden Erlass „alle politischen Aktivitäten“ verbot. „Alle Nachrichtenmedien und Veröffentlichungen stehen unter der Kontrolle des Kriegsrechtskommandos“, hieß es darin. Nach Angaben der Agentur Yonhap wurde das Parlament abgeriegelt.
Oppositionsführer Lee Jae-myung von der Demokratischen Partei bezeichnete den Schritt als verfassungswidrig. „Präsident Yoon Seok-yeol hat das Volk verraten. Die illegale Verhängung des Kriegsrechts durch Präsident Yoon ist null und nichtig. Von diesem Moment an ist Herr Yoon nicht mehr Präsident von Südkorea.“
Kritik kam auch aus Yoons Regierung selbst. Der Vorsitzende der regierenden Partei, Han Dong-hoon, bezeichnete das Kriegsrecht laut lokalen Medienberichten als „falsch“. Man werde es „gemeinsam mit dem Volk stoppen“, sagte Han.
Zuvor hatte die oppositionelle Demokratische Partei mit ihrer Mehrheit im Haushaltsausschuss den geplanten Haushalt für das kommende Jahr blockiert sowie ein Amtsenthebungsverfahren unter anderem gegen den Generalstaatsanwalt beantragt.
Yoon sagte, dass die Opposition ihre Mehrheit in der Nationalversammlung immer wieder dazu genutzt habe, Mitglieder seines Kabinetts anzuklagen und die Verabschiedung der Haushaltspläne seiner Regierung zu blockieren. Dies habe „die Verwaltung gelähmt“, sagte Yoon und fügte hinzu: „Die Nationalversammlung, die das Fundament der freien Demokratie hätte sein sollen, ist zu einem Monster geworden, das sie zerstört.“
So habe seit dem Amtsantritt seiner Regierung die Nationalversammlung 22 Amtsenthebungsverfahren gegen Regierungsbeamte eingeleitet, sagte Yoon, und seit Vereidigung des Parlaments im Juni seien zehn weitere Verfahren angestrengt worden. „Dies ist eine Situation, die nicht nur in keinem Land der Welt beispiellos ist, sondern die es seit der Gründung unseres Landes noch nie gegeben hat.“
Der unter niedrigsten Zustimmungswerten regierende Yoon von der Konservativen Partei sieht sich einer Reihe von Skandalen gegenüber, die auch Korruptionsvorwürfe gegen seine Ehefrau umfassen. „Ich erkläre das Kriegsrecht, um die freie Republik Korea vor der Bedrohung durch die kommunistischen Kräfte Nordkoreas zu schützen, die verabscheuungswürdigen pro-nordkoreanischen staatsfeindlichen Kräfte auszurotten, die die Freiheit und das Glück unseres Volkes ausplündern, und die freie verfassungsmäßige Ordnung zu schützen“, sagte Yoon, der Südkorea seit 2022 regiert.
Yoon verwies auf Artikel 77 in der südkoreanischen Verfassung, die den Präsidenten ermächtige, das Kriegsrecht zu erklären, „um einer militärischen Notwendigkeit zu begegnen oder die öffentliche Sicherheit zu wahren“. Einen solchen Schritt hat kein südkoreanischer Präsident seit dem Ende der Diktatur Ende der achtziger Jahre mehr unternommen.
Washington steht wegen der aktuellen Ereignisse in Südkorea mit der Regierung in Seoul in Kontakt. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates sagte am Dienstag in Washington, die amerikanische Regierung beobachte „die Situation genau“.