Plastikverschmutzung: Verhandlungen zur Bekämpfung könnten noch Erfolg werden – Wissen

In der kommenden Woche beginnen die Verhandlungen um „ein international rechtsverbindliches Instrument zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung“ in der südkoreanischen Stadt Busan. So klingt die Rettung der Welt in Behördensprache. Es geht tatsächlich um nicht weniger, als den Planeten vor der kompletten Vermüllung durch vom Menschen hergestellte und weggeworfene Kunststoffe zu bewahren.

Wo die polymeren Hinterlassenschaften der Menschheit inzwischen überall nachzuweisen sind, in der Wüste, im Meer, im Hochgebirge und der Tiefsee, auf Äckern, Tellern und im Verdauungstrakt – das ist wahrscheinlich längst ins Bewusstsein der meisten Menschen vorgedrungen, so wie Mikroplastik in den Magen einer Fischlarve in der Nordsee. Man sollte also meinen, dass dies zu ändern ein Ziel ist, auf das man sich weltweit einfach verständigen kann. Wer will am Strand schon durch Müllberge waten, verendete Tiere mit Plastik im Leib im Sand liegen sehen, zwischen Styropor und Plastiktüten im Fluss schwimmen? Mit jedem Schluck, jedem Bissen, jedem Atemzug ein paar mikroskopische Plastikfetzen aufnehmen und sich fragen, was macht das mit der eigenen Gesundheit, der Gesundheit der Kinder, mit der Umwelt?

Aber an diesem Wochenende reisen nicht nur Delegierte der Länder nach Busan, Umweltschützer, Vertreter von NGOs sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die beratend zur Seite stehen. Es kommen auch Lobbyisten der petrochemischen Industrie. Die Branche verdient Milliarden mit der Produktion von Kunststoffen und hat wenig Interesse daran, das zu ändern. Die Lobbyisten dürfen offiziell nicht in die Verhandlungssäle. Sie schaffen es mit ihren Botschaften – zum Beispiel von vollkommen unrealistischen Recyclingquoten – aber in die Köpfe einiger Delegierter, die Einfluss nehmen auf das Geschehen hinter den geschlossenen Türen. Und natürlich gibt es einige Länder, die weiterhin fossile Rohstoffe für die Plastikproduktion verkaufen wollen.

Von den ursprünglichen Zielen ist schon jetzt kaum noch etwas übrig

Als im März 2022 die Umweltversammlung der Vereinten Nationen mit Vertretern aus nahezu allen Ländern der Welt beschloss, eine Plastikkonvention auf den Weg zu bringen, da schien die Lösung der Plastikkrise kurz greifbar zu sein. Der ganze Lebenszyklus von Kunststoffen von der Rohstoffgewinnung bis hin zur Entsorgung oder Wiederverwendung sollte bedacht werden, genauso die Ausgangsstoffe, aus denen Plastik hergestellt wird. Es gab sogar die Forderung, die weltweite Kunststoffproduktion zu beschränken – mit Zielvorgaben und Zeitplänen.

Nach vier Verhandlungsrunden ist von diesen Ambitionen kaum noch etwas übrig. Nach dem letzten Treffen in Ottawa im Frühjahr umfasste der Vertragsentwurf gut 70 Seiten und enthielt über 3000 Passagen, die als strittig markiert waren. Weil absehbar war, dass sich ein solcher Verhau selbst mit viel gutem Willen nicht innerhalb einer Woche in ein brauchbares Vertragswerk verwandeln lässt, gibt es inzwischen einen neuen Entwurf, der weit hinter den ursprünglichen Absichten zurückbleibt.

Könnte man es da nicht gleich bleiben lassen und die Reisekosten nach Südkorea sparen? Nicht unbedingt. Immerhin treffen sich die Länder, um über das Problem zu sprechen. Busan wäre selbst dann ein Erfolg, wenn dort noch kein perfekter Vertrag zustande käme, sondern nur eine Verständigung auf gemeinsame Ziele, verbunden mit dem Plan, schnell zu handeln.

Es geht nicht darum, Kunststoffe zu verbieten oder komplett durch neue Materialien mit neuen Risiken zu ersetzen, sondern um einen sicheren Umgang damit. Darum, die Produktionsmengen wieder in Bereiche zu senken, die vom Menschen kontrolliert werden können.  Darum, die aberwitzige Materialvielfalt einzudämmen, auf die schädlichsten Stoffe in der Herstellung zu verzichten, die Umwelt und Gesundheit gefährden und das Recycling fast unmöglich machen. Und das Ganze finanziell fair zu gestalten und ärmeren Ländern zu einem nachhaltigen Umgang mit dem Müll zu verhelfen. Wenn das gelingt, ist schon viel gewonnen.