
Manche Speisefische aus Nord- und Ostsee enthalten sogenannte PFAS-Chemikalien in Mengen, die die europäischen Grenzwerte zum Teil deutlich übersteigen. Das geht aus Laboranalysen hervor, die die Umweltschutzorganisation Greenpeace in Auftrag gegeben hat. Untersucht wurden Speisefische sowie Muscheln und Krabben. Bei Steinbutt, Hering und Scholle war die Belastung laut Greenpeace am höchsten.
PFAS sind per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, die Gruppe umfasst mehrere Tausend Einzelsubstanzen. Sie können wasser-, fett- und schmutzabweisend sein und werden zum Beispiel zum Beschichten von Einwegbechern oder in der Textilindustrie verwendet. Sie sind in der Regel extrem stabil und werden in der Natur kaum abgebaut, weshalb sie auch unter dem Namen „Ewigkeitschemikalien“ bekannt sind, die man heute nahezu überall in der Umwelt und in Organismen nachweisen kann.
Bernd Göckener leitet die Abteilung für Spurenanalytik und Umweltmonitoring am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie und wundert sich nicht, dass Greenpeace PFAS in den Meerestieren gemessen hat: „Mittlerweile findet man PFAS überall. Und überall heißt wirklich überall.“ Seit es PFAS gibt, verteilen sie sich in der Umwelt; und manche stehen im Verdacht, Krebs zu erregen. „Bei PFOA, einem Vertreter der PFAS, ist das mittlerweile sogar erwiesen“, sagt Bernd Göckener. Einige PFAS-Stoffe führen zu einer verminderten Wirkung von Impfungen oder haben einen Einfluss auf das menschliche Hormonsystem. Deshalb sind inzwischen einzelne PFAS-Gruppen verboten. Außerdem gelten in der EU Grenzwerte für PFAS im Trinkwasser und in Lebensmitteln.

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:Das Billionen-Euro-Problem
Die Sanierung von PFAS-verseuchten Böden und Gewässern könnte allein in Deutschland mindestens 800 Millionen Euro pro Jahr kosten, in ganz Europa ein Vielfaches. Die Kosten überfordern die Landkreise – in Düsseldorf haben sie trotzdem schonmal angefangen.
Greenpeace ließ bei Krabben und Muscheln die Weichteile, bei den Fischen das gesamte Tier untersuchen. In einigen Fällen seien in 150 Gramm der Meerestiere ausreichend PFAS gefunden worden, um die maximal tolerierbare Wochendosis zu erreichen, heißt es in dem Bericht. Doch das Filet sei geringer belastet als der gesamte Fisch, sagt Bernd Göckener. Somit sind die von Greenpeace erhobenen Werte nicht direkt auf das Fischfilet für den Verzehr übertragbar. Für ihn ist es nicht überraschend, dass PFAS in Fisch gefunden wird, „wir wissen das seit Jahren“. Aus Göckeners Sicht bestehe zwar Grund zur Sorge und zum Handeln, aber kein Grund zur Panik.
PFAS Konzentrationen sind besonders hoch in Fisch, Eiern und Wildleber
Es gibt bereits zahlreiche Regulationsmaßnahmen von Behörden, den Einsatz von PFAS zu beschränken. Einige Stoffe lassen sich gut durch Alternativen ersetzen und werden auch bereits ersetzt. Das zeigt Wirkung: Bernd Göckener und sein Team dokumentierten die PFAS-Belastungen von Fisch aus mehreren Jahrzehnten, dafür nutzen sie das Archiv der Umweltprobenbank des Bundes. Sie konnten beobachten, dass die Konzentrationen zurückgehen.
Bei Fischen seien die Werte jedoch am höchsten, gefolgt von Eiern und Wild, sagt Göckener. Auch Pflanzen sind belastet – aber deutlich niedriger. Eine Studie aus dem Jahr 2021 ergab, dass im Blut von Veganerinnen und Veganern geringere Mengen bestimmter PFAS-Verteter gemessen wurden als bei Fleischessenden.
Anfang Oktober beschränkte die EU-Kommission den Einsatz von PFAS in speziellen Feuerlöschschäumen, laut Kommission eine der Hauptquellen für PFAS-Verschmutzung in der EU. Erst kürzlich wurden im Blut von 24 untersuchten Spitzenpolitikern aus 19 Ländern PFAS in teils bedenklichen Mengen gefunden. Die Politikerinnen und Politiker hatten freiwillig bei der Testaktion mitgemacht, die von der dänischen EU-Ratspräsidentschaft angestoßen wurde.