
Für sie: Bisschen animalisch
Gerade als man dachte, Tierfelle am Menschen seien für immer vorbei, sind die Laufstege von Fendi bis Prada plötzlich wieder pelzig. Bei Chloé tragen Frauen über ihren Hippiekleidern jetzt sogar Stolen mit extra angehängten Fellfetzen, weswegen sie aussehen wie Trapper im Wilden Westen. Muss man jetzt also wegen dieses ungeahnten U-Turn wieder die Pelzstola aus den Achtzigerjahren tragen, die man von Mama geerbt hat – und vor deren Tierkopf man sich immer so fürchtete? Das wäre immerhin die nachhaltigste Variante. Es sind heute ja keine Füchse und Nerze mehr, die uns ihr Haarkleid hergeben müssen. Man hat stattdessen die Wahl zwischen Pest oder Cholera: Die Luxusvariante von Mänteln und Schals ist aus Schafsfell, das so bearbeitet wird, dass es aussieht wie ein anderes Tier. Warum dazu achselzuckend gesagt wird, „Ach so, nur Schaf!“, bleibt ein Rätsel. Die andere Möglichkeit ist Fake Fur, ergo Plastik. Ökologisch und politisch korrekt wird Pelz also nie sein, aber stets dem Teint und dem exzentrischen Image schmeicheln.

Der größte Trendverstärker kommt in dieser Hinsicht wieder von Miu Miu, dort wird die nach Fuchs aussehende Stola aus Schaf einfach als Haustier in der Hand getragen, gerne auch über den Boden geschleift (Madonna hat diese Merkwürdigkeit kürzlich schon übernommen). Das Modell hier ist eine Kunststoffvariante, kommt vom Massenhersteller Mango und trifft den richtigen Ton: Sieht nicht zu echt und nicht zu falsch aus. Man will ja farbbeutelfrei durch die Fußgängerzone kommen.
Für ihn: Mehr seelisch
Man hört ja immer, dass in der Mode heute alles möglich wäre und jeder sowieso das anziehen darf, was er will. Aber wenn man als Mann mit Bürohintergrund mal ein herbstlich gesinntes Halstuch anlegt, wird man trotzdem als Erstes immer noch besorgt gefragt, ob man etwa krank sei. Dabei wussten schon die Cowboys, dass ein Halstuch auch für Gesunde ein universales Hilfsmittel ist, das nicht nur vor kühler Zugluft schützt, sondern auch vor feinen Flugobjekten jeglicher Art, als improvisiertes Verbandszeug und Notfallmaske dient und eben auch einem schneidigen Gesamtlook förderlich ist. Gerade weil bei vielen jung gebliebenen Männern der Hals heute als eines der ersten Körperteile Hinweise auf das wirkliche Alter gibt, müsste seine formschöne Verhüllung eigentlich noch viel populärer und eben nicht nur der hippen Jugend vorbehalten sein.

Klar, allzu üppig drapierte Schals und meterlange Seidentücher können immer noch schnell nach Ballettintendant aussehen. Aber so ein schlichtes Dreieckstuch wie hier von Cos müsste eigentlich längst für jeden Mann Pflichtaccessoire in den Monaten Oktober bis April sein. Aus Kaschmir gefertigt, lindert es die Härte der Welt ein bisschen ab, kaschmirt sozusagen weich den Übergang von Hemd zum Kopf, lässt sich vorne elegant und nicht zu auffällig knoten und hinten bei Bedarf auch mal ein bisschen locker über die Schulter drapieren. Das sieht dann aus wie eine Referenz zum um den Hals geknoteten Syltpullover, der natürlich mindestens so lange noch tabu ist, bis die FDP wieder bundesweit über die Fünf-Prozent-Hürde kommt. Aber gegen ein bisschen wärmendes Schulterstreicheln hat der moderne Mann natürlich nichts, und auch das kann ein Halstuch eben manchmal besorgen.