Nürnberg verliert Derby gegen den Jahn: Wackenkontakt zwischen Kopf und Beinen – Sport

In der Kabine des SSV Jahn Regensburg haben sie den Partysong „Wackelkontakt“ ganz laut aufgedreht, draußen steht der Linksverteidiger Berkay Yilmaz, ein sehr repräsentativer Spieler des 1. FC Nürnberg, und versucht, diese seltsame 1:2 (1:0)-Niederlage wegzumoderieren. „Wir müssen daraus lernen, nach der Halbzeit voll da zu sein“, sagt der 20-Jährige, der wie viele andere in der Mannschaft zu Höherem ausgebildet werden soll. Wäre der Club ein Möbelstück, er wäre eine Lampe aus den Zwanzigern: Die Talente, die vom Fließband zu kommen scheinen, spielen oft auf wie ein frisches Startup-Unternehmen, Design und Außendarstellung sind top. Für zuverlässige Leistung fehlt es aber schlicht an Erfahrung.

Sie waren früh in Führung gegangen am Sonntag bei Jahn Regensburg, dem Abstiegskandidaten Nummer eins, den sie in der Hinrunde mit 8:3 gedemütigt hatten. Sie hatten in der ersten Halbzeit alles im Griff und mindestens die Hälfte des Publikums im ausverkauften Jahnstadion hinter sich. Weil dann aber doch alles ganz anders kam, könnte man jetzt auch sagen: Wer ein Spiel auf diesem Weg aus der Hand gibt, für den kommt der Aufstieg vielleicht auch noch ein bisschen zu früh. Die blitzsauber herausgespielte FCN-Führung durch Janis Antiste (11.) egalisierte dann prompt ein Nürnberger selbst. Gleich nach der Pause wurde der Club von der taktischen Umstellung der Gastgeber überrumpelt, eine Flanke von Noah Ganaus lenkte Florian Flick ins eigene Netz (47.), acht Minuten später hatte Ganaus mit einem wuchtigen Kopfball die Partie gedreht. „Der Kopf hat heute unsere Beine gestört“, analysierte Club-Trainer Miroslav Klose später.

Nach dem Rückstand stand seine Mannschaft vor einer der schwersten Aufgaben, die es im Fußball gibt: Räume finden gegen einen Abstiegskandidaten, der in Führung liegt. Da kam schnell die Souveränität abhanden, mit der sie in der ersten Halbzeit den Ball zirkulieren und die Gegner laufen ließen. Klose dürfte sich in der zweiten Halbzeit auch ein wenig geärgert haben, dass Stefanos Tzimas nicht im Aufgebot stand. Die Probleme des besten Torjägers, der im Sommer in die Premier League wechselt, seien „muskulär“ und nicht so schlimm, Klose sprach von einer „Vorsichtsmaßnahme“ vor dem großen Heimspiel gegen den Hamburger SV am kommenden Samstag. Dort wird auch Jens Castrop fehlen, obwohl der Trainer den 21-jährigen Spielmacher noch in der Pause inständig gebeten hatte: „Bitte keine zehnte gelbe Karte.“ Er sah sie wegen Meckerns. Obendrein könnte auch Flick fehlen, der in der 22. Minute für den verletzten Kapitän Robin Knoche ins Spiel kam und sich nach seinem Eigentor auch noch beim Luftduell vor dem 2:1 mit Ganaus eine Gehirnerschütterung zuzog.

In einem Interview sagt Miroslav Klose, dass er sich vorstellen könnte, noch länger für den Club zu arbeiten

Doch insgesamt nahm Klose die Niederlage ruhig hin. Unter der Woche hatte er in einem Interview mit der Mainpost noch erklärt, eines Tages natürlich einen Champions-League-Teilnehmer trainieren zu wollen, aber eben auch, dass er sich sehr gut vorstellen könnte, noch etwas länger für den Club zu arbeiten. Er sieht eben Wachstumspotenzial.

Den von ihm angesprochenen Wackelkontakt zwischen den Köpfen und den Beinen seiner Spieler führte er darauf zurück, dass sich die Mannschaft „den Schneid hat abkaufen lassen“, das Spiel habe bisweilen auch „aua gemacht“. Es war seiner Ansicht nach also nicht so sehr in den Köpfen, dass der Club die Chance hatte, mit einem Sieg plötzlich auf Platz fünf zu springen, nachdem sich mehrere Tabellennachbarn am Wochenende gegenseitig die Punkte weggenommen hatten. „Wir wollten ja gar nicht aufsteigen, wir haben nie darüber geredet“, sagte Jens Castrop tatsächlich, mit dem kleinen, unscheinbaren Zusatz: „alles mit der Zeit“.