NS-Vergangenheit: Gedenkort für polnische Besatzungsopfer enthüllt

Gegenüber dem Reichstag ist ein aus einem 30 Tonnen schweren Findling und einem Wildapfelbaum bestehendes Gedenkzeichen für die Opfer der Deutschen Besatzung in Polen enthüllt worden. In deutscher, polnischer und englischer Sprache ist das Denkmal „den
polnischen Opfern des Nationalsozialismus und den Opfern der
deutschen Gewaltherrschaft in Polen 1939–1945“ gewidmet.

Der Gedenkort befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Kroll-Oper, in der Adolf Hitler am 1. September 1939 den Überfall Deutschlands auf Polen verkündete. In Polen wurden zwischen 1939 und 1945 nach Angaben der Bundesregierung mehr als fünf Millionen polnische Staatsbürger durch die Nationalsozialisten getötet, darunter etwa drei Millionen jüdische Kinder, Frauen und Männer. 

„Eine wichtige Lücke in der Gedenkkultur“

„Dieser Gedenkort ist notwendig, denn
tatsächlich sind wir Deutsche uns viel zu wenig bewusst, welches Unheil,
welchen Schmerz und welche Zerstörung Deutschland im Zweiten Weltkrieg
über Polen gebracht hat“, sagte der frühere Bundesaußenminister Heiko
Maas (SPD)
, der heute Präsident des Deutschen Polen-Instituts ist. Das
Denkmal solle dies ändern und allen Menschen in Polen signalisieren, wie
wichtig Polen für Deutschland sei. 

„Wir schließen heute eine wichtige Lücke in der Gedenkkultur unseres Landes, aber auch in der Gedenkkultur Berlins“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Die Hauptstadt pflege ein enges Verhältnis zu Polen und habe selbst viele aus Polen stammende Bewohner. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer zufolge sei die Inschrift auf Deutsch und Polnisch „gewissermaßen ein Schwur“, dass „das Leid der Polinnen und Polen, das von deutschem Boden ausging“, niemals in Vergessenheit geraten solle. Das Gewicht des Steins symbolisiere zugleich das Gewicht der Geschichte, sagte Weimer.

Dauerhaftes Denkmal steht noch aus

Die Einweihung des temporären Gedenkorts folgt auf acht Jahre Diskussion über den geeigneten Ort des Denkmals. Bereits 2017 hatte eine private Initiative um die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU),
den ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) und den
früheren Direktor des Deutschen Polen-Instituts, Dieter Bingen, die Schaffung eines derartigen Gedenkorts initiiert. Die damalige Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte 2023 ein Konzept
für die Gedenkstätte vorgeschlagen
, demzufolge das Denkmal Informationen, einen Raum zur Begegnung und ein „markantes künstlerisches Element“ vereinen sollte.

Ein dauerhaftes Denkmal für die polnischen Besatzungsopfer der Nationalsozialisten steht nach wie vor aus. Heiko Maas teilte bei der Einweihung des jetzigen, provisorischen Gedenkorts mit, man warte auf einen Bundestagsbeschluss für die Ausschreibung eines
würdigen, endgültigen Denkmals und für die Gründung eines
Deutsch-Polnischen Hauses.

Vor einem Jahr hatte die Bundesregierung bereits einem Konzept zugestimmt,
wonach an derselben Stelle des Findlings langfristig ein dauerhaftes Denkmal und ein
Deutsch-Polnisches Haus errichtet werden sollen. Einen konkreten
Zeitplan für das Vorhaben gibt es jedoch noch nicht. Über die Finanzierung, für die ein hoher zweistelliger Millionenbetrag veranschlagt
wird, soll der Bundestag entscheiden.