Nobelpreis für Phsyik geht an drei Quantenmechanik-Forscher – Wissen

Der diesjährige Nobelpreis in der Kategorie Physik geht an John Clarke (Großbritannien), Michel Devoret (Frankreich) und John Martinis (USA) für „ihre Entdeckung des makroskopischen quantenmechanischen Tunnelns und der Energiequantisierung in einem elektrischen Stromkreis“. Das teilte die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm mit. Die Experimente der Preisträger zeigten Quantenphysik in Aktion.

John Clarke, Michel Devoret und John Martinis.
John Clarke, Michel Devoret und John Martinis. (Foto: Ill. Niklas Elmehed © Nobel Prize Outreach)

Die Quantenmechanik, vor hundert Jahren entwickelt, ist heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: ohne sie kein Computer, kein Handy, praktisch keine moderne Technologie. Aber zentrale Fragen sind noch immer ungeklärt. Eine davon ist: Wie groß können Systeme sein, die die verblüffenden Effekte aus der Quantenwelt zeigen?

Normalerweise finden sie in der Welt des Kleinen und Kleinsten statt, Teilchen wie Elektronen können etwa in einem Schwebezustand an mehreren Orten zugleich sein. Von großen Objekten kennt man das nicht, Hausschlüssel etwa sind höchstens mal an mehreren Orten zugleich nicht anzufinden. Aber wo verläuft die Grenze, wie groß kann ein Objekt sein, das dennoch Quanteneffekte zeigt?

Die aktuellen Nobelpreisträger haben schon in den Achtzigerjahren gezeigt: unter Umständen groß genug, um es in die Hand zu nehmen. Sie machten Experimente mit Supraleitern, die den Strom ohne Widerstand leiten. Die supraleitenden Komponenten wurden voneinander getrennt durch eine dünne Schicht eines nichtleitenden Materials, eine sogenannte Josephson Junction. Wenn man Strom durch so ein Konstrukt leitet, verhalten sich die geladenen Teilchen darin, als wären sie ein einziges Quantenteilchen, das den ganzen Stromkreis füllt. Zunächst ist dieses System in einem Zustand, in dem der Strom ohne Spannung fließt. Eigentlich fehlt ihm die Energie, um aus diesem Zustand zu entkommen.

In der Quantenmechanik gibt es jedoch den Tunneleffekt: Teilchen können sich quasi Energie borgen, und so eigentlich unüberwindbare Barrieren „untertunneln“. Das zeigte sich auch im großen System, das Clarke, Devoret und Martinis untersuchten. Durch den Tunneleffekt konnte das System seinen Zustand verändern, eine Spannung tauchte auf. Obendrein konnten die Forscher zeigen, dass ihr Stromkreis sich so verhält, wie man es von quantenmechanischen Objekten kennt: Er kann Energie nur in bestimmten Mengen absorbieren oder emittieren, „quantisiert“ also.

„Es ist wunderbar, dass wir feiern können, wie die ein Jahrhundert alte Quantenmechanik immer neue Überraschungen liefert“, sagte Olle Eriksson, der Vorsitzende des Nobelkomitees für Physik laut einer Pressemitteilung. „Es ist auch enorm nützlich, weil die Quantenmechanik die Basis jeder digitalen Technologie ist.“

Die Nobelpreise gehen auf den schwedischen Dynamit-Erfinder Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Sie sollen laut Nobels Testament diejenigen bekommen, die der Menschheit im vergangenen Jahr in den einzelnen Preiskategorien den größten Nutzen erwiesen haben. Die Kategorie Physik ist dabei die Erste, die Nobel in seinem Testament erwähnte. Feierlich überreicht werden die Preise dann traditionell an seinem Todestag, dem 10. Dezember.

Im vergangenen Jahr waren mit dem US-Amerikaner John Hopfield und dem Kanadier Geoffrey Hinton zwei Forscher geehrt worden, die mit ihrer Arbeit eine Basis für heutige Systeme künstlicher Intelligenz schufen.

Alle Nobelpreise sind in diesem Jahr mit elf Millionen schwedischen Kronen (etwa eine Million Euro) pro Preiskategorie dotiert. Erhalten mehrere Auserwählte die Auszeichnung in einer Kategorie gemeinsam, teilen sie sich diese Summe. Bei wissenschaftlichen Auszeichnungen passiert dies häufiger, wenn die Geehrten etwa gemeinsam oder auf den Erkenntnissen des anderen aufbauend in einem bestimmten Themenfeld geforscht haben.

Am Montag hatte das Stockholmer Karolinska-Institut bereits drei Preisträger für den diesjährigen Medizin-Nobelpreis auserkoren: Mary Brunkow und Fred Ramsdell aus den USA sowie der Japaner Shimon Sakaguchi erhalten die prestigeträchtige Auszeichnung für ihre Entdeckungen zur sogenannten peripheren Immuntoleranz, die verhindert, dass das Immunsystem dem Körper schadet.