Niko Springer bei der EM: Das nächste deutsche Darts-Talent – Sport

Niko Springer hat schon äußerst gute Erfahrungen gemacht mit einem europäischen Handballtempel. Nicht, dass er dort einmal selbst gespielt hätte, wenngleich er mit seinen 1,95 Metern einen guten Rückraumschützen geben würde. Nein, der Grund, weshalb Springer, 25, Ende September im hochmodernen MVM Dome in Budapest, der Heimspielstätte des ungarischen Nationalteams, jubeln durfte, war ein anderer: Er gewann dort völlig überraschend als ungesetzter Qualifikant die „Hungarian Darts Trophy“ – und als erst vierter Deutscher überhaupt ein Profiturnier der Professional Darts Cooperation (PDC). Nicht selten geisterte anschließend das Wörtchen „Sensation“ durch die einschlägigen Portale der Darts-Welt.

Einen Monat nach dem Titel im MVM Dome geht es für Springer nun weiter in die nächste große Arena: In der Dortmunder Westfalenhalle, Ende November auch Spielort für die Handball-Europameisterschaft der Frauen, beginnt an diesem Donnerstag die European Darts Championship, die Darts-EM, für die sich Springer mit seinem Sieg in Budapest qualifizieren konnte. 32 Pfeilewerfer kämpfen um 600 000 Pfund Preisgeld, weit über 30 000 Tickets wurden verkauft. „Ich freue mich sehr darauf und nehme meine Familie mit – das wird ganz toll“, sagt Springer vor seiner ersten EM.

Selbstüberschätzung kann man ihm definitiv nicht vorwerfen. Der „Meenzer Bub“, so sein Spitzname, ist erst seit diesem Jahr Profi. Er habe sich in seinem ersten Jahr ganz gut geschlagen, und die EM-Teilnahme sei jetzt sein „Verdienst dafür“. Gut geschlagen, wie er selbst sagt, hat Springer sich allemal. Mehr noch, er legte ein Debütjahr auf der Profitour hin, wie man es im Darts nur selten sieht: der Titelgewinn in Budapest, dazu ein weiteres Finale in den Niederlanden, fast 100 000 Pfund eingespieltes Preisgeld. Springer untermauerte seinen Ruf in der Szene, gegenwärtig das größte deutsche Darts-Talent zu sein.

Für fast alle wichtigen Turniere, darunter auch die WM zur Weihnachtszeit im Londoner „Ally Pally“, hat sich Springer mittlerweile qualifiziert. „Ich habe es mir schon zugetraut, erwartet habe ich es ehrlicherweise nicht. Ich dachte, ich brauche noch mehr Zeit zum Reinschnuppern“, sagt er am Telefon. Er kommt gerade aus England, da hat er zwei kleinere Turniere ohne Zuschauer gespielt und 4000 Pfund eingeheimst.

„In den letzten Jahren ist der Respekt vor den großen Namen gesunken. Die Gier von den jungen Spielern wird immer größer”

Niko Springer

Am Mainzer lassen sich die Entwicklungen einer Sportart aufzeigen, die seit Jahren versucht, ihrem landläufigen Ruf zu entwachsen. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen Phil Taylor alternd und mit rundem Bauch gegen einen phänotypisch ähnlichen Briten spielte und gewann, weil Phil Taylor nun mal immer gewann. Die Weltspitze ist mittlerweile gespickt mit U30-Spielern wie Springer. Neben ihm sind bei der EM in Dortmund auch junge Pfeilakkrobaten wie Josh Rock, 24, Gian van Veen, 23, und natürlich Weltmeister und Wunderknabe Luke Littler, 18, dabei. Alle gehören sie zur absoluten Weltklasse.

„In den letzten Jahren ist der Respekt vor den großen Namen gesunken. Die Gier von den jungen Spielern wird immer größer“, sagt Springer. Bei seinem Sieg in Budapest bezwang er als Außenseiter einen Favoriten nach dem anderen, darunter den Weltranglistenersten Luke Humphries. Springer startet auf Weltranglistenplatz 58 in die EM – kein Teilnehmer ist niedriger platziert als er. Gemeinsam mit Springer reisen in Martin Schindler (Platz 17 der Welt) und Riccardo Pietreczko (Platz 33) zwei weitere Deutsche nach Dortmund.

Ähnlich wie beim Alter symbolisiert Springer auch im Hinblick auf die Nationalität einen Trend: Deutschland schickt sich an, im Darts eine echte Topnation zu werden. „Ich bin mir sicher, dass wir in Zukunft noch mehr deutsche Profis haben werden“, sagt Springer und fügt an, die Tendenz gehe „in eine klare Richtung.“ Die Zahlen geben ihm recht: 2025 verzeichnet die PDC unter ihren 128 Tour-Card-Holdern – so werden die Profis genannt – zwölf Deutsche. Nur England und die Niederlande stellen mehr Profis. Jahrelang hatte es maximal drei bis vier deutsche Spieler auf der Tour gegeben, die weit weg davon waren, mit der Darts-Elite mithalten zu können.

Springer will in Dortmund erneut beweisen, dass er genau das kann. Sein Auftaktspiel bestreitet er am Freitagabend gegen den Niederländer Jermaine Wattimena. Bei einem Sieg hätte der „Meenzer Bub“ 15 000 Pfund sicher – brutto, versteht sich. Geld, auf das er durchaus angewiesen ist, denn Springer ist seit August Vollzeit-Darter und hat seinen Job am Landgericht Wiesbaden aufgegeben. Teilzeitprofis tummeln sich kaum noch auf der Tour. Noch so ein Trend, der sich an Niko Springer ablesen lässt.