Zohran Mamdani hat den Demokraten die Hoffnung zurückgegeben, dass sie noch Wahlen gewinnen können. Aber seine Gegner sind deshalb nicht leiser geworden. US-Präsident Donald Trump und manche New Yorker Unternehmer halten ihn für einen Kommunisten, der die größte Stadt der USA ins Chaos stürzen wird. Andere seiner Kritiker wie der Hedgefonds-Manager Bill Ackman hoffen darauf, dass sich Mamdanis Wahlversprechen als heiße Luft entpuppen und er an New Yorks Bürokratieapparat scheitert.
Am 1. Januar tritt Mamdani als Bürgermeister an. Dann muss er beweisen, ob er die Stadtverwaltung mit ihren 300 000 Mitarbeitern und 80 Behörden managen kann – oder ob seine Gegner Recht behalten. Kann der demokratische Sozialist, wie er sich selbst nennt, in der Welthauptstadt des Kapitalismus erfolgreich sein? Was hat Mamdani überhaupt vor? Und wie will er es bezahlen?
Kostenlose Kitas
Mehr als eine Million New Yorker haben Mamdani nicht wegen seiner Social-Media-Clips und seinem Lachen gewählt, sondern weil er ihnen versprochen hat, ihre Stadt wieder erschwinglich zu machen. Besonders Familien flüchten spätestens nach der Geburt des zweiten Kindes in die Suburbs. Ein Grund: ein durchschnittlicher Kitaplatz kostet zwischen 18 000 und 26 000 Dollar pro Jahr.
Zwar haben Drei- und Vierjährige schon heute Anspruch auf eine kostenlose Betreuung; Mamdanis Vorvorgänger Bill de Blasio hat das durchgesetzt. Doch Mamdani will noch weitergehen und Kitaplätze für alle Kinder ab einem Alter von sechs Wochen kostenlos machen. So will er New York attraktiver für Familien machen und Müttern und Vätern ermöglichen, wieder arbeiten zu gehen. Denn die gesetzliche bezahlte Elternzeit beträgt in New York nur drei Monate.
Mamdanis Team schätzt die Kosten für seine Kita-Pläne auf sechs Milliarden Dollar pro Jahr. Was sie so teuer macht: Mamdani will Kita-Erzieherinnen deutlich besser bezahlen. Sie verdienen heute meist nur den Mindestlohn von 16,50 Dollar pro Stunde und sollen, wenn es nach Mamdani geht, bald so viel wie Lehrer bekommen.
Mehr bezahlbare Wohnungen
Bevor Mamdani in die Politik ging, war er Sozialarbeiter und half von Zwangsvollstreckung bedrohten Hausbesitzern. Diese Erfahrung habe ihn sehr geprägt, sagt Mamdani. Eines seiner zentralen Wahlversprechen ist deshalb auch der Kampf gegen die hohen Mieten. Wer heute eine Zweizimmerwohnung in New York mietet, muss durchschnittlich 3400 Dollar zahlen. Jeder Vierte gibt mehr als 50 Prozent seines Einkommens fürs Wohnen aus.
Mamdani glaubt, ein Gegenmittel gefunden zu haben. Fast jede zweite Mietwohnung in New York ist rent stabilized. Die Stadt darf den Eigentümern dieser Wohnungen vorschreiben, wie sehr sie die Miete erhöhen dürfen. Mamdani will die Mieten auf ihrem aktuellen Niveau einfrieren. Aber auch dann blieben noch die mehr als eine Million Wohnungen auf dem freien Markt. Deren Eigentümer können die Mieten Jahr um Jahr fast unbegrenzt erhöhen, solange sie jemanden finden, der das bezahlt.
Mamdani hat noch eine zweite Idee, die einem aus der deutschen Bundespolitik bekannt vorkommt. Er will bauen, bauen, bauen. Wenn es nach ihm geht, sollen in New York in den nächsten zehn Jahren 200 000 bezahlbare Wohnungen entstehen. Aber auch das wird nicht leicht. Denn Mamdani braucht dafür die Unterstützung der Immobilienbranche, denn einer muss die Wohnungen ja bauen.
Er habe eingesehen, dass er seine Baupolitik nicht gegen, sondern nur mit der Wirtschaft durchsetzen könne, sagt Mamdani. In den vergangenen Wochen suchte er deshalb schon einmal proaktiv das Gespräch mit einflussreichen Unternehmern der Stadt. Aber die Reaktionen waren gemischt. Manche Immobilienentwickler wollen mit ihm zusammenarbeiten, andere argumentieren, dass Mamdani ihnen mit seiner Mietpreisbremse den Spielraum für Investitionen nimmt.
Städtische Supermärkte
Für seine Gegner ist es der ultimative Beleg, warum der neu gewählte Bürgermeister ein radikaler Sozialist ist: Mamdani will städtische Lebensmittelgeschäfte eröffnen. John Catsimatidis, der Besitzer zweier Supermarktketten, warnte im Wall Street Journal, dass die New Yorker bald für Brot anstehen müssten, so wie früher in der Sowjetunion, sollte Mamdani seinen Plan umsetzen.
Tatsächlich will Mamdani bloß fünf städtische Supermärkte eröffnen – einen in jedem der fünf Stadtteile. Diese sollen weder Miete noch Steuern zahlen und ihre Waren zum Großhandelspreis anbieten. Ganz neu ist diese Idee nicht. In Atlanta eröffnete schon im Sommer der erste städtische Supermarkt der Stadt, in einem Viertel, das als food desert galt, als Ort ohne Zugang zu frischen Lebensmitteln. Berichte über Brotschlangen sind aus Atlanta bislang nicht bekannt.
Kostenlose Busse
New Yorks Busse bewegen sich mit durchschnittlich 13 Stundenkilometern durch die Stadt. Der Sieger des diesjährigen Marathons war fast doppelt so schnell. Mamdani will die Busse beschleunigen, mithilfe von Busspuren, die es in der Stadt bislang nur sehr vereinzelt gibt. Auch diese Idee ist nicht neu. Schon sein Vorgänger Eric Adams wollte 150 Meilen Busspuren bauen und scheiterte an Anwohnern, die um Parkplätze fürchteten.
Daneben will Mamdani Busfahren kostenlos machen. Das städtische Verkehrsunternehmen MTA will er für die entgangenen Einnahmen entschädigen. 800 Millionen Dollar würde das jährlich kosten, schätzt sein Team. Aber auch das führt am eigentlichen Problem vorbei: Die MTA ist chronisch unterfinanziert und hochverschuldet. Eigentlich bräuchte sie mehr und nicht weniger Geld, um marode U-Bahn-Stationen und hundert Jahre alte Signale zu ersetzen.
Wie will Mamdani das alles finanzieren?
Wie die meisten linken Politiker: mit höheren Steuern für Reiche. Er will New Yorkern, die mehr als eine Million Dollar pro Jahr verdienen, mehr Steuern abverlangen. Auch die Gewerbesteuer für Unternehmen will Mamdani auf das Niveau des benachbarten New Jersey anheben. Beides zusammen würde neun Milliarden Dollar pro Jahr einbringen, glaubt er. Das sei genug, um seine Wahlversprechen zu finanzieren und New Yorks Haushalt „Trump-sicher“ zu machen, behauptet Mamdani. Der US-Präsident droht, der Stadt die meisten föderalen Gelder zu streichen. Sie betrugen zuletzt sieben Milliarden Dollar, sechs Prozent des gesamten New Yorker Haushalts.
Ob Trump damit rechtlich durchkommt, ist unklar. Mamdani hat aber noch ein anderes Problem. Für seine Steuererhöhungen benötigt er die Zustimmung der Abgeordneten des Bundesstaats New York und der Gouverneurin Kathy Hochul. Sie hat Mamdani zwar im Wahlkampf unterstützt, aber will 2026 selbst wiedergewählt werden. Schon allein deshalb lehnt sie Steuererhöhungen ab.
