Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat nun seinen eigenen Buchpreis. Bekanntgegeben werden die Nominierten nach dem Adventskalenderprinzip.
Es gibt einen neuen Literaturpreis – ist das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Der Glauben daran, dass man mit Literatur Aufmerksamkeit produzieren kann, scheint weiter vorhanden zu sein, was ja gut ist. Nicht ganz so gut ist allerdings, dass offenbar das literarische Selbstbewusstsein derzeit nicht übermäßig groß ist, diese Aufmerksamkeit aus den Büchern selbst entwickeln zu können.
Diskutiert und auf den Verkaufstischen präsentiert wird ein Roman als bestplatzierter einer Liste, nicht als Werk, das etwa die Autofiktion weitergebracht, eine stilistische Innovation eingeführt, eine neue Figur erfunden oder die Sprache erweitert hat. Anmerken sollte man also schon, dass neue Preise keineswegs automatisch zu komplexeren Debatten über Literatur führen.
Jedenfalls hat nun also auch der Spiegel seinen Buchpreis, den – Originalität stand offenbar nicht im Vordergrund – „Spiegel-Buchpreis“. Dabei führt das Magazin eine Neuerung ein: das Adventskalenderprinzip. Die 20 nominierten Titel wurden bereits am 8. Oktober verkündet; die Platzierung auf der Liste wird nun aber vom 3. November an vom 20. Platz aufsteigend täglich auf Spiegel.de bekanntgegeben, was marketingmäßig clever gedacht ist – so gibt es täglich was in eigener Sache zu melden –, bei den jeweiligen Autor*innen jedoch vielleicht nicht nur zu Freude führt, weil dann klar ist, dass sie nicht zu den drei ersten Plätzen gehören, die am 20. November auf einer Gala verkündet werden.
In der Ausgabe vom 21. November werden alle 20 Bücher vorgestellt. Dotiert ist der Preis darüber hinaus nicht, was für das Selbstbewusstsein des Magazins sprechen mag, dass eine Erwähnung in ihm schon Preis genug ist, aber dennoch fragwürdig bleibt. Hilft hier der Spiegel der Literatur – oder soll die Literatur dem Spiegel helfen? Man wird sehen.
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