Neue Studie: Sex und Zuneigung fördern Wundheilung nach Verletzung – Gesundheit

Die Zeit heilt alle Wunden, heißt es. Aber leider ist das nicht wahr, manche Wunden bleiben. Da ist es schon besser, wenn man noch ein paar Hilfsmittel zur Hand hat: Psychotherapie oder Medikamente oder – besonders empfehlenswert und nebenwirkungsarm: Liebe und Sex.

Wie heilend Nähe und Zuwendung wirken, haben Forschende der Universitäten in Zürich und Heidelberg gerade erst in einem etwas schmerzhaften Experiment gezeigt, das sie im Fachblatt Jama Psychiatry veröffentlichten: Sie setzten 80 Paaren mit einem Vakuumsauger und Hitze vier Wunden in den Unterarm – 0,7 Zentimeter große Blasen, von denen sie auch noch die Haut abzogen. Dann gaben sie den Paaren Pflaster, ein Nasenspray und die Empfehlung mit auf den Weg, ihren Partnern bis zu dreimal täglich etwas Nettes zu sagen. Das Spray enthielt entweder das Hormon Oxytocin, das im Ruf steht, Anhänglichkeit, Zuneigung und Vertrauen zu befördern, oder einen Placebo-Wirkstoff. Niemand wusste, wer welche Behandlung bekam, auch die Ärzte nicht, die die Daten auswerteten und die Patienten in der kommenden Woche fragten, ob sie neben den lobenden Worten auch Zärtlichkeiten ausgetauscht hätten.

„Loben ist zwar toll, aber noch besser ist es, sich auch mal in den Arm zu nehmen.“

Über all dem schwebte die Frage: Bei wem würden die Wunden am schnellsten heilen? Antwort: Es waren jene, die ihren Partner regelmäßig in den Arm nahmen oder auch mal Sex mit ihm hatten und sich auch noch Oxytocin in die Nase sprühten. Das Hormon alleine half hingegen nicht. „Das zeigt, wie sehr Psyche, Körper und das für die Heilung von Wunden zuständige Immunsystem zusammenspielen“, sagt die Studienleiterin und Biopsychologin Beate Ditzen, die an den Universitäten in Zürich und Heidelberg lehrt. „Berührung und Nähe fühlen sich also nicht nur gut an, sie haben auch unmittelbare körperliche Auswirkungen.“

Das steht im Einklang mit früheren Studien, wonach soziales Miteinander die Gesundheit verbessern, das Stresslevel senken und sogar das Leben verlängern kann, während Streit in der Ehe das Gegenteil bewirkt. Körper, Psyche, Nerven- und Immunsystem: All das greife ineinander, sagt der Neuropsychologe Peter Kirsch vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, der an der Studie nicht beteiligt war. „Seele und Körper sind eine Einheit, das ist nichts, was man auseinanderdividieren kann.“

Eines aber hat die Heidelberger Forschenden dann doch enttäuscht: Die netten Dinge, die sich die Paare sagen sollten, hatten keinen durchschlagenden Effekt. „Wir hatten uns davon ebenfalls einen positiven Einfluss auf die Wundheilung erhofft“, sagt Beate Ditzen. Doch die Wirkung war nur klein. Womöglich sei die Situation zu künstlich gewesen, so die Psychologin. Wenn man den Auftrag hat, nett zu sein, kommt das womöglich nicht so nett rüber. „Die Berührungen, die die Paare von sich aus machten, waren wohl authentischer und auch deshalb heilsamer.“

Laut Peter Kirsch kann man aus dem Experiment einiges lernen: Vermeintliche Wundermittel wie das immer wieder gehypte Oxytocin helfen alleine wenig. Und: „Loben ist zwar toll, aber noch besser ist es, sich auch mal in den Arm zu nehmen.“