Neu in Kino & Streaming: Welche Filme sich lohnen und welche nicht – Kultur

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Philipp Bovermann: Immer wieder schafft Bruno Dumont Bemerkenswertes: entrückte, rätselhafte Sozialsatiren zu drehen, die auf großen Festivals Preise gewinnen, dann aber weder bei der Kritik noch beim Publikum sonderlich ankommen. Vielleicht funktioniert so etwas mit ordentlich Schlafmangel und im Zustand cineastischer Überforderung, wenn einem sowieso schon alles egal geworden ist. In einem französischen Dorf verhalten sich die Leute merkwürdig – sie sind besessen von gestaltlosen Außerirdischen, den Einsern und den Nullern, die auf ewig um ihre Seelen und das Universum kämpfen. Die Dialoge über Gut und Böse können sich nicht entscheiden, ob sie witzig oder sozialkritisch oder etwas ganz anderes sein wollen, deshalb langweilen sie bald. Es gibt ein bisschen Sex, es gibt Raumschiffe. Und dann doch noch einen Moment des Erstaunens: Wahnsinn, denkt man, was an Visual Effects heute auch mit einem mutmaßlich kleinen Budget drin ist. 

Konklave

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David Steinitz: Der Papst ist tot – und jetzt? Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes), einer der engsten Freunde des Pontifex, soll nach dem letzten Willen des Verstorbenen über das Konklave zur Wahl des Nachfolgers wachen. Was sich als Horrorjob erweist. Der deutsche Oscar-Preisträger Edward Berger („Im Westen nichts Neues“) beweist erneut, warum er gerade einer der gefragtesten Filmemacher der Welt ist. Ein meisterlicher Thriller über die Abgründe eines Lebens im Glauben.

Milchzähne

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Anna Steinbauer: Der Legende nach entführen Wölfe Menschenkinder und tauschen sie gegen die eigenen aus. Man erkennt die Wolfskinder nur an ihren kleinen Zähnen, die ihnen niemals ausfallen. In Sophia Böschs Debütfilm findet die Protagonistin ein verwildertes Kind im Wald und nimmt es verbotenerweise mit nach Hause. Doch die Dorfgemeinschaft ist skeptisch – und nachdem ein paar Kinder verschwunden sind, meinen alle zu wissen, wer schuld daran ist. Die in naher Zukunft spielende Dystopie, die auf dem gleichnamigen Roman von Helene Bukowski basiert, zeigt viel Wald, anarchische Abgründigkeit und eine in sich geschlossene Welt, in der das Fremde als Feindbild gilt. Aber eigentlich fragt man sich die ganze Zeit natürlich nur: Wird das Kind seine Milchzähne verlieren?

Schwarzer Zucker, Rotes Blut

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Anna Steinbauer: Ein Filmemacher, der sich selbst inszeniert, aber eine unglaubliche Recherche präsentiert: Luigi Toscano geht der Lebensgeschichte der Anna Strishkowa nach, die als Kleinkind Auschwitz überlebt und danach bei Adoptiveltern in der Ukraine aufwächst, aber keinerlei Informationen zu ihrer Herkunft besitzt. Der hochemotionale Dokumentarfilm setzt die Puzzleteile eines bewegten Lebens aus Sowjetpropaganda-Filmmaterial, Interviews und intensiven Nachforschungen in verschiedensten Archiven zusammen. Es geht von unterschiedlichen Lagern über Polen nach Weißrussland bis ins heutige Kiew, wo die Protagonistin lebt und der russische Angriffskrieg tobt.

Shambhala

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Anke Sterneborg: Nachrichten vom unzugänglichen Dach der Welt: Zugleich betörend schön und unwirtlich karg ist das Leben der Yak-Bauern im nepalesischen Himalaja, völlig unberührt von urbaner Zivilisation, fast mittelalterlich in den Gesetzen, aber auch voller Sanftmut in den buddhistischen Traditionen. Die Liebe zwischen Tashi und seiner Frau Pema wird von haltlosen Gerüchten der Untreue vergiftet, weshalb Tashi von einer monatelangen Handelsreise nach Lhasa nicht zurückkehrt. Um ihre Familie zu retten, bricht Pema aus der ihr zugeschriebenen Rolle als Hüterin des Hauses aus, um ihn zu suchen. Min Bahadur Bham hat seinen Film, der im Berlinale-Wettbewerb lief und inzwischen bei den Oscars eingereicht ist, den Witterungs- und Lebensbedingungen in bis zu 6000 Meter Höhe abgetrotzt. Für Pema (Thinley Lhamo, die in ihrer Anmut und Stärke an Lily Gladstone erinnert) wird die strapaziöse Reise zum Prozess der Selbstfindung und zur Feier weiblicher Widerstandskraft.

So this is Christmas

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Josef Grübl: Es ist das erste Weihnachten ohne ihre Mutter, weshalb ein Witwer mit seinen Söhnen exakt so feiern will wie in den Jahren zuvor. Eine Alleinerziehende weint, weil sie ihren Kindern nichts bieten kann. Und eine alte Frau klagt darüber, unsichtbar und vergessen zu sein. Der Ire Ken Wardrop ist spezialisiert auf filmische Alltagsbeobachtungen, feinfühlig und mit Sinn für trockenen Humor begleitet er irische Kleinstadtmenschen durch die Vorweihnachtszeit. Jede und jeder hat ein Päckchen zu tragen, dieser herzerwärmende Dokumentarfilm vermittelt ihnen (und dem Publikum): Ihr seid nicht allein.

Spiders – Ihr Biss ist der Tod

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Fritz Göttler: Rihanna nennt der junge Kaleb seine neueste Errungenschaft, eine Spinne aus Afrika, die er in einem Trödlerladen gefunden hat. Es herrscht eine warme Vertrautheit zwischen ihm und seinen achtbeinigen Gefährten – Spinnen mögen die Wärme. Und eine oft lässige, manchmal hitzige Atmosphäre herrscht auch zwischen den jungen Menschen, die in dem Pariser Vorortviertel Arènes de Picasso zusammenleben, Kalebs Schwester und Freunde, Arbeitslose, Immigranten, Dealer. Die neue Hausgenossin aber ist tödlich und fruchtbar, sie befreit und vermehrt sich und bedroht alle. Sébastien Vaniček setzt in seinem irrwitzigen ersten Langfilm die Bilder mächtig unter Druck. Man erlebt, wie mühsam es ist, einen nur wenige Meter langen dunklen Gang zu überwinden, der voller krabbelnder Viecher und ihrer Spinnweben hängt – um die rettende Tür ins Freie zu erreichen. Und dann riegelt die Polizei das Gebäude ab, gegen das ganze Ungeziefer – eben das ist der mehrdeutige Originaltitel: Vermines.