Neil Young: Die Welt ist irre geworden, gebt aufeinander acht

Am Nachmittag ist die Temperatur
endlich gefallen. Als es langsam dunkel wird, ist die Luft mild in der Berliner
Waldbühne, ein freundlicher Halbmond scheint auf die Menschen. Hey Hey, My
My (Into the Black)
ist der zweite Song, den Neil Young an diesem Donnerstagabend
spielt. Er handelt davon, dass man nicht immer so weitermachen kann, wie man
einst begann, aber dass es keinen Grund zur Verzweiflung gibt, wenn man sich
auf das besinnt, was einen dereinst ins Leben rief und am Leben hält: „Rock
and roll can never die“,
und das spielt Neil Young mit seinen jungen
Begleitern so lebendig und kraftvoll und zornig, wie man es sich nur wünschen
kann. Erst umspielen sie einander und bringen das Lied gemeinsam in heitere
Höhen, und dann lassen sie es gemeinsam auch wieder abstürzen, sie unterwühlen
die Melodien mit immer gröberen Bässen und Bassvibrationen, bis sich daraus – into
the black
– ein schwarzer Schlick aus zähem Lärm formt, für ein paar
Momente hat man den Eindruck, dass die Szene sich nunmehr in Zeitlupe abspielt.
Das denkt man an diesem Abend noch öfter: Die Welt kommt zum Stillstand, aber
Neil Young spielt immer weiter,
wie eingeflochten in einen Kokon, in der
seligen Zwiesprache mit seiner Gitarre und manchmal auch in der Zwiesprache mit
den Musikern um ihn herum, die ihn begleiten und ihm zuhören, wie er ihnen mit
seiner Gitarre etwas erzählt, und die sich in den rechten Momenten wieder zu
ihm gesellen, dann singen sie mit ihm im Chor und lassen mit ihren
Vokalharmonien seine immer noch schöne, hohe, sehnsuchtsvoll feste Stimme umso
heller erstrahlen.