Nations League in Ungarn: Deutschland rotiert sich aus dem Rhythmus

Stand: 19.11.2024 23:52 Uhr

Die Neunfach-Rotation von Bundestrainer Julian Nagelsmann in Ungarn hat Deutschland aus dem Rhythmus gebracht – und tief in der Nachspielzeit fiel durch einen umstrittenen Elfmeter noch der Ausgleich.

Von dem Fußball-Feuerwerk beim fulminanten 7:0 gegen Bosnien-Herzegowina konnte die deutsche Mannschaft am Dienstagabend so gut wie nichts in die Budapester Puskás Aréna hinüberretten. Das 1:1 (0:0) im letzten Vorrunden-Spiel der Nations League war eine ganz zähe Nummer, allein Torhüter Alexander Nübel war es zu verdanken, dass Deutschland nach dem Treffer des Dortmunders Felix Nmecha in der 76. überhaupt bis kurz vor dem Abpfiff die Chance auf den Sieg hatte.

In der 98. Minute glich aber Dominik Szoboszlai mit einem Handelfmeter nach VAR-Intervention noch aus. Das DFB-Team stand bereits vor der Partie als Gruppensieger fest.

„Irrsinn, dass der VAR den Schedsichter rausschickt“

Nagelsmann analysierte nach der Partie gegenüber der Sportschau: „Wir haben einige Dinge richtig gemacht, andere hätten wir besser machen können. Aber wenn man das Große und Ganze in diesem Jahr betrachtet, dann kann man so ein Unentschieden auch mal ganz gut verschmerzen. Beim Elfmeter schadet der VAR einfach dem Schiedsrichter. Es war definitiv keine klare Fehlentscheidung, deshalb ist es Irrsinn, dass er da überhaupt rausgeschickt wird. Zumal der Schiedsrichter allerbeste Sicht auf die Szene hatte.“

Auch Nübel ärgerte sich: „Den Elfer hat er vorher nie so geschossen. Es ist extrem bitter, dass wir hier noch unentschieden gespielt haben, ein Sieg wäre die Krönung eines tollen Jahres gewesen.“ Zum Torwart-Duell mit Oliver Baumann befand er: „Da stehen die Chancen 50 zu 50, denke ich. Aber wenn Marc-André ter Stegen wieder kommt, wird er spielen, das hat er sich zuvor verdient. Ich hoffe aber, dass ich weiter dabei sein darf, ich bin sehr glücklich hier.“

Torschütze Nmecha war hin- und hergerissen: „Klar ist es am Ende ein bisschen bitter, aber es war auch ein schöner Tag für mich – in der Startelf zu stehen und das Tor zu schießen. Man hat das Gefühl, dass wir alle zusammen stehen und alle zusammen etwas erreichen wollen.“

Viele Ballverluste, nur das Gegenpressing stimmte

Von Beginn an zeigte sich, dass es der deutschen Elf an Rhythmus, Abstimmung und Automatismen fehlte. Dazu kamen viele krasse Ballverluste, vor allem von Julian Brandt und Robert Andrich.

Sehr gut lief in der ersten halben Stunde allein das Thema Ballrückgewinnung: Nach den vielen Patzern dauerte es meist nicht lange, bis das deutsche Gegenpressing erfolgreich war. Durch großen Fleiß, gerade in diesem sonst nicht zu seinen größten Stärken zählenden Spielsegment, fiel vor allem Leroy Sané auf: Ihm war direkt anzumerken, dass er alles für eine Rückkehr in die Stammbesetzung tun will – doch er wirkte weitgehend allein auf weiter Flur.

Brandt leitet erste Großchance ein – für Ungarn

Deutlich schwerer taten sich im ersten Durchgang Brandt und Serge Gnabry, die es wie Sané zuletzt schwer beim Bundestrainer hatten. Brandt war in der 24. Minute sogar nah dran, die ungarische Führung zu verschulden: Sein Fehlpass im Mittelfeld führte zu einem schnellen Konter der Gastgeber, an dessen Ende Alexander Nübel mit einer guten Parade den Flachschuss von András Schäfer entschärfen musste.

Nübel war auch in der 40. Minute zur Stelle, als sich Joshua Kimmich bei einem langen Ball von Nikitscher auf Nagy verschätze. Nagy tauchte dadurch völlig frei vor dem Stuttgarter Schlussmann auf, schloss aber so zentral ab, dass der Keeper nur die Fäuste in die Luft reißen musste, um den Einschlag zu verhindern.

Kaum Torgefahr vom DFB-Team

Von der deutschen Elf kam in Sachen Torgefahr in den ersten Minuten nichts, vor allem nichts Herausgespieltes: Allein ein Freistoß von Benjamin Henrichs nach einer halben Stunde knapp über das Tor sorgte für ein wenig Aufregung. Die Flugkurve des Balles erinnerte an den Treffer von Florian Wirtz gegen Bosnien, in diesem Fall wäre aber Ungarns Keeper Dénes Dibusz zur Stelle gewesen.

Zum zweiten Durchgang brachte Nagelsmann mit Robin Gosens für Kimmich auch noch den zehnten Neuen, hätte sich aber beinahe kurz danach dafür feiern lassen können: Gnabry legte perfekt für den Florentiner auf, dessen Rechtsschuss parierte Dibusz aber sicher. In der 63. Minute wäre er aber machtlos gewesen, der kurz zuvor gemeinsam mit Florian Wirtz (sah seine zweite Gelbe Karte und ist nun gesperrt) und Jamal Musiala eingewechselte Kai Havertz scheiterte aber am rechten Pfosten.

Nübel rettet nach Andrich-Patzer

Der einzig verbliebene Startspieler aus der Partynacht gegen Bosnien war zu diesem Zeitpunkt Andrich, doch der empfahl sich mit einem erneuten Fehlpass in der 69. Minute auch für eine Auswechslung. Andrichs Glück: Nübel verhinderte mit einem überragendem Reflex gegen Barnabás Varga den Rückstand, den der Leverkusener auf seine Kappe hätte nehmen müssen.

Allein dank Nübel ergab sich die Chance, dieses überragende Länderspieljahr noch mit dem elften Sieg zu krönen. Nico Schlotterbeck köpfte eine Viertelstunde vor Schluss nach einer Ecke so scharf auf das ungarische Tor, dass Dibusz nur nach vorne abklatschen konnte. Der Ball prallte Startelf-Debütant Nmecha vor die Füße, der gedankenschnell einschoss. Doch das reichte nicht.

In der 5. Minute der Nachspielzeit gab es in Folge einer VAR-Intervention dann noch den Elfmeter für die Ungarn. Robin Koch hatte sich in die Schussbahn gestellt, sich dabei aber wegdreht und wollte die Arme nah an den Körper ziehen. Trotzdem berührte er damit eindeutig den Ball, so dass durchaus jede Mannschaft Argumente auf ihrer Seite hatte. Weiterlaufen zu lassen, wäre aber in jedem Fall keine klare Fehlentscheidung gewesen. Szoboszlai war das egal – er verwandelte mit einem frechen Panenka-Lupfer in die Tormitte zum Ausgleich. Und der war letztlich durchaus verdient.

Viertelfinale wird am Freitag ausgelost

Weiter geht es für Deutschland in der Nations League am 20. und 23. März – das Viertelfinale wird am kommenden Freitag in Nyon ausgelost.