Murder-Mystery „The Residence“ auf Netflix: Rasant erzählte Persiflage

Wer hat A. B. Wynter (Giancarlo Esposito), den Chefbutler des Weißen Hauses, ermordet? Seine Leiche wird auf dem Boden des Billardsalons im dritten Stock des Weißen Hauses gefunden, während im Erdgeschoss ein Staatsbankett stattfindet. Dort dinieren US-Präsident Perry Morgan (Paul Fitzgerald) und der australische Premierminister Stephen Roos (Julian McMahon) mit weiteren 200 Gästen, während Kylie Minogue im Cameo-Auftritt für musikalische Unterhaltung sorgt. Zur Aufklärung des Mordes wird die weltberühmte Detektivin Cordelia Cupp (Uzo Aduba) ins Weiße Haus gerufen, bekannt für ihre effiziente, aber unkonventionelle Arbeitsweise.

Die Murder-Mystery-Serie „The Residence“ ist eine rasant erzählte Krimipersiflage und Politgroteske. Die eigenwillige Detektivin geht während ihrer Ermittlungen immer wieder in den Garten des Weißen Hauses, um dort Vögel zu beobachten. Um möglichst viele Menschen befragen zu können, darf niemand das Weiße Haus verlassen, auch nicht die politische Elite aus Down Under und ebenso wenig Hugh Jackman, der (nur von hinten gezeigt) bald zum tanzenden Alleinunterhalter für mehrere Hundert Personen wird, die zwangsweise im Weißen Haus ausharren.

Die achtteilige, hochkarätig besetzte Murder-Mystery-Geschichte funktioniert wie ein absurdes, unterhaltsames Rätselspiel und wartet mit witzigen Dialogen, schnellen Schnitten, jeder Menge satirischer Elemente und drastisch überzeichneten Figuren auf. Die nie um einen flotten Spruch verlegene Cordelia Cupp hat es nicht leicht mit den vielen möglichen Verdächtigen im Weißen Haus, wo die Stimmung immer gereizter wird.

Das reicht vom Schweizer Dessertchef, der wegen eines weihnachtlichen Lebkuchenhauses Streit mit dem Chefbutler hatte, über die proletarische, stylisch tätowierte Chefköchin, die A. B. Wynter gar lautstark zu ermorden drohte, bis hin zur gerne einen über den Durst trinkenden Kellnerin Sheila Cannon (Edwina Findley), die Wynter feuern wollte. Außerdem versucht der schleimige Präsidentenberater Harry Hollinger (Ken Marino), alle Ermittlungen im Keim zu ersticken. Mittendrin stolziert Cordelia Cupp durch die heiligen Hallen der historischen, titelgebenden „Residence“ und lässt sich von niemandem an der Nase herumführen.

Wes-Anderson-Faktor

Die mitunter fast absurde Serie mit Wes-Anderson-Faktor vermittelt den Eindruck, als wäre im Weißen Haus alles aus den Fugen geraten. Aber die weibliche nichtweiße Version von Hercules Poirot ficht das nicht an. Gegen alle Widerstände bringt sie Ordnung ins Chaos. Angesichts der derzeitigen Entwicklungen in den USA hat dieser Achtteiler damit etwas ungemein Versöhnliches. Der kundigen Serie, die das Weiße Haus als puppenstubenartigen Versuchsaufbau präsentiert, liegt das Sachbuch „The Residence: Inside the Private World of the White House“ der Journalistin Kate Andersen Brower zugrunde, das mit zahlreichen Anekdoten die Geschichte des Hauses aus Sicht der Angestellten erzählt. Der Präsident und seine Entourage sind eben nur die Gäste, die mit ihren Spleens für eine gewisse Zeit da sind.

Die Angestellten bleiben und sind so etwas wie die Seele des Hauses. Egal ob dann die Chefköchin mit dem australischen Außenminister Sex im Garten hat, eine Kellnerin mit der ehemaligen First Lady bechert, der Klempner mit einem Zimmermädchen eine wahnsinnig romantische Liebesgeschichte erlebt oder die Sozialsekretärin Lilly Schumacher (Molly Griggs) das ganze Personal gegen sich aufbringt: In den heiligen Hallen des Weißen Hauses gibt es mehr Geheimnisse als erwartet, aber Cordelia Cupp lüftet sie alle.