Mohn-Enkel Thomas Coesfeld wird neuer Bertelsmann-Chef – und erbt Probleme – Wirtschaft

Gegründet hat Reinhard Mohn (1921–2009) den Bertelsmann-Konzern nicht, aber er war doch der Mann, der von 1947 an das mittelständische Druck- und Verlagshaus aus Gütersloh ganz groß gemacht hat. Jetzt übernimmt nach mehr als vier Jahrzehnten wieder die Familie die operative Führung. Wie Bertelsmann am Donnerstag mitteilte, wird Thomas Coesfeld, 35, neuer Vorstandsvorsitzender. Anfang 2027 soll er von Langzeitchef Thomas Rabe, 60, die Führung übernehmen, bis dahin werde es eine einjährige Übergangsfrist geben, so habe es der Aufsichtsrat beschlossen.

Coesfeld ist ein Enkel von Reinhard Mohn, er ist der Sohn einer Tochter aus Reinhard Mohns erster Ehe, später war Reinhard Mohn dann mit Elisabeth „Liz“ Mohn verheiratet, aus beiden Ehen hatte er jeweils drei Kinder. Thomas Coesfeld ist seit Anfang 2016 bei Bertelsmann, nach einem Studium der Betriebswirtschaftslehre arbeitete er zunächst für die weltweit tätige Unternehmensberatung McKinsey. Seit Juli 2023 ist er bereits Chef von BMG in Berlin, der Musiktochter von Bertelsmann. Er lebt in Berlin und Gütersloh.

Damit steht erstmals seit 1981, als Reinhard Mohn die Führung abgab, wieder ein Mitglied der Familie an der Spitze des Konzerns. Seitdem gab es sechs Chefs, etwa der schillernde Thomas Middelhoff. Seit 2012 steht Thomas Rabe, seit 25 Jahren im Unternehmen, an der Spitze, seit 2019 leitet er in Personalunion auch die börsennotierte RTL-Gruppe. Sein Vertrag läuft Ende 2026 aus. An der Spitze von RTL wird ihm schon im Mai 2026 Clément Schwebig folgen. Schwebig, geboren 1977, kommt vom US-Konzern Warner Bros. Discovery und hatte bis 2013 bereits zehn Jahre lang für RTL gearbeitet.

Zu Bertelsmann gehört unter anderem Penguin Random House, der größte Buchverlag der Welt mit Hauptsitz in New York, sowie die Fernsehgruppe RTL, in Deutschland der führende Anbieter von Privatfernsehen. Daneben gibt es den Dienstleister Arvato sowie eine ganze Reihe weiterer Aktivitäten, etwa im Bereich Bildung. Mit insgesamt rund 75 000 Mitarbeitenden wurde zuletzt ein Umsatz von 19 Milliarden Euro gemacht. Zuletzt stiegen die Erlöse leicht, das Jahresergebnis halbierte sich im ersten Halbjahr. Die weltweiten Medienmärkte sind durch die großen US-Konzerne und durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz unter Druck.

Auch sein Bruder wurde als Chef gehandelt

Coesfeld gilt als smart und erfolgreich. „Sein Amtsantritt markiert einen Generationswechsel in der Führung von Bertelsmann“, teilte Christoph Mohn mit, der Chef des Bertelsmann-Aufsichtsrats. Als Coesfeld bei BMG auf Hartwig Masuch folgte, ein Veteran der Musikbranche, sagte dieser der SZ über seinen Nachfolger: „Manager, die nur für ihren Job bezahlt werden, handeln eben manchmal anders. Es ist also gut, wenn die Familie da ihre stärksten Geschütze auffährt.“ Carsten Coesfeld, 38, der Bruder von Thomas, ist ebenfalls im Konzern und sitzt auch im Vorstand, er ist unter anderem für das Geschäftsfeld Bildung zuständig. Zuletzt wurden auch ihm Chancen eingeräumt, auch war über eine Doppelspitze der beiden Coesfeld-Brüder spekuliert worden. Carsten soll auch weiter im Vorstand bleiben.

Thomas Rabe arbeitet bereits seit 2000 für Bertelsmann, jetzt geht er Ende 2026.
Thomas Rabe arbeitet bereits seit 2000 für Bertelsmann, jetzt geht er Ende 2026. (Foto: IMAGO)

Schon im März 2024 hatte Rabe angekündigt, dass er seinen Vertrag, der noch bis Ende 2026 läuft, nicht verlängern werde. Zuletzt musste er einige Rückschläge hinnehmen: Die Eingliederung des Zeitschriftenhauses Gruner + Jahr in die RTL-Gruppe läuft nicht so gut, wie von manchen erhofft. In den USA scheiterte die Übernahme des bekannten Verlags Simon & Schuster am Widerstand der Kartellbehörden. Auch Verkäufe und Kooperationen in Europa klappten nicht. Nun will Rabe für die RTL-Gruppe den Münchner Pay-TV-Anbieter Sky kaufen, hier steht die Genehmigung der EU-Kommission noch aus, sie wird für das kommende Jahr erwartet, es wäre eine der größten Übernahmen der Bertelsmann-Geschichte. „Ich werde alles tun, um einen reibungslosen Führungswechsel sicherzustellen“, teilte Rabe mit.

Patriarch Reinhard Mohn hatte nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem die Idee eines Leserings, aus dem dann die Bertelsmann-Buchklubs wurden. Das Geschäftsmodell: Die Kunden bezogen Bücher im Abonnement, ein stabiles und lange sehr einträgliches Geschäft. Mit den Gewinnen expandierte Mohn, ins Zeitschriften- und ins Fernsehgeschäft, er baute große Druckereien und Dienstleistungstöchter auf. Im Laufe der Jahrzehnte wurde Bertelsmann zu einem weltweit tätigen Medienkonzern. Der damalige Konzernchef Middelhoff expandierte dann Ende der 90er-Jahre in die USA und hatte ursprünglich einen Börsengang des Konzerns im Visier, der dann am Widerstand der Familie scheiterte.

Neben Coesfeld gibt es jetzt schon weitere Familienvertreter im Konzern. Christoph Mohn, ein Sohn von Reinhard und dessen zweiter Frau Liz, ist Vorsitzender des Bertelsmann-Aufsichtsrats und übt seit 2021 auch das Amt des Familiensprechers aus. Seine Frau Shobhna Mohn arbeitete ebenfalls lange für Bertelsmann in leitender Position. Christophs Schwester Brigitte wiederum führt die Bertelsmann-Stiftung, dort sitzt auch Mutter Liz im Kuratorium. Nun ist bald also auch der Vorstandsvorsitz wieder in Familienhand.