Milliarden-Betrug mit Bitcoin: Lange Gefängnisstrafe für Zhimin Qian

Im spektakulären Prozess um Geldwäsche und illegal erworbene Bitcoin im Milliardenwert hat das Londoner Strafgericht das Urteil gesprochen. Die Angeklagte Zhimin Qian muss für elf Jahre und acht Monate ins Gefängnis, gab die Richterin am Dienstag bekannt. Die mögliche Höchststrafe für Geldwäsche wäre 14 Jahre gewesen. Qian weinte während der Urteilsverkündung. Richterin Sally-Ann Hales sagte zu ihr: „Sie waren die Drahtzieherin dieser Straftat von Anfang bis Ende. Das Ausmaß Ihrer Geldwäsche ist beispiellos. Ihr Motiv war reine Gier.“

Qians Fall hat rund um die Welt Schlagzeilen gemacht, denn die britische Polizei hatte bei Razzien elektronische Krypto-Wallets mit 61.000 Bitcoins beschlagnahmt. Diese sind aktuell mehr als 6,3 Milliarden Dollar wert. Es war die größte Beschlagnahmung von Krypto-Assets in der britischen Geschichte.

Die 47 Jahre alte Zhimin Qian, die auch unter dem Namen Yadi Zhang bekannt war, hat zu Beginn des Prozesses Ende September gestanden, illegal erworbene Bitcoin besessen zu haben. Auch ihr malaysischer Helfer Seng Hok Ling bekannte sich schuldig.

Nicht Teil des Prozesses und der Verurteilung ist der massenhafte Anlegerbetrug, den Qian in China in den Jahren 2014 bis 2017 verübte. Annähernd 130.000 Menschen soll die Chinesin mit einem Schneeballsystem um Geld betrogen haben. Sie versprach ihnen 100 bis 300 Prozent Rendite für Anlagen in ein angebliches Techunternehmen namens Tianjin Lantian Gerui Electronic Technology Company Limited, tatsächlich floss das Geld in Bitcoin, deren Wert beständig stieg. Lantian Gerui bedeutet auf Englisch „Blue Sky“, also „Blauer Himmel“. Zehntausende meist ältere Chinesen glaubten ihr und gaben ihr Erspartes.

Luxusleben in London

Als die chinesischen Behörden Bitcoin-Transaktionen verboten, tauchte Qian unter und reiste mit einem gefälschten Pass der Insel St. Kitts and Nevis nach Großbritannien ein. Dort lebte sie jahrelang im Londoner Stadtteil Hampstead in einer Villa, die 17.000 Pfund Miete im Monat kostete. Eine Helferin, Wen Jian, die zuvor Imbisslieferantin war, begleitete sie auf Reisen durch Europa und nach Dubai und half, das Bitcoin-Vermögen zu verwalten.

Hohe Haftstrafen: Polizeifotos von Zhimin Qian (rechts) und Seng Hok Ling (links)
Hohe Haftstrafen: Polizeifotos von Zhimin Qian (rechts) und Seng Hok Ling (links)AFP

In London gab Qian sich als Erbin eines Diamantenvermögens aus. Die kränkliche Chinesin lag aber die meiste Zeit im Bett, spielte Computerspiele oder las Magazine. Laut ihrem Tagebuch hatte sie Pläne, eine Bank zu gründen, ein Schloss in Schweden zu kaufen, oder sogar als „Königin von Liberland“, einem imaginierten Freistaat an der Donau zwischen Kroatien und Serbien, diplomatische Immunität zu erhalten. Im April 2024 konnte die britische Polizei sie festnehmen.

Maos Schwiegersohn als Werbebotschafter

Ein Bericht des BBC World Service hat nun erstmals in westlichen Medien aufgezeigt, wie Qians „Blue-Sky“-Betrug Zehntausende Chinesen um ihr Geld brachte. Sie veranstaltete große Konferenzen und Bankette in Messehallen mit Tausenden Teilnehmern, um Investoren zu gewinnen. Das Unternehmen organisierte auch Urlaubsfahrten für die Geldgeber. Zielgruppe waren vor allem ältere, einsame Menschen, die jeweils einige Zehntausend Yuan einzahlten.

Auf einer Konferenz gewann Qian sogar den Schwiegersohn des verstorbenen kommunistischen Diktators Mao als Werbebotschafter. Ein von der BBC interviewtes Opfer des Betrugssystems namens Yu sagte, Qians „Blue Sky“ habe auf die patriotischen Gefühle gesetzt. „Unser Patriotismus war unsere Achillesferse, das haben sie ausgenutzt“, sagt der 60 Jahre alte Yu. „Sie sagten, sie wollten China zur Nummer eins der Welt machen.“

Auf Werbeveranstaltungen habe eine Reihe von Rednern das Unternehmen gelobt, darunter auch der Schwiegersohn des Gründers der Volksrepublik China, so Yu. „Wir aus unserer Generation haben alle zum Vorsitzenden Mao aufgeschaut, und wenn sogar sein Schwiegersohn dafür bürgte, wie hätten wir dann kein Vertrauen haben können?“

Konflikt zwischen Peking und London um die Milliarden

Der Zusammenbruch des Schneeballsystems führte in China zu einem Skandal. Nach dem Jahr 2017 war Qian auf der Flucht vor den chinesischen Behörden.

Ihr Londoner Anwalt sagte anlässlich ihres Geständnisses Ende September, damit wolle sie auch ein Zeichen setzen, dass sie mit dem Bitcoin-Vermögen die betrogenen Anleger entschädigen wolle. Die beschlagnahmten Bitcoins seien so wertvoll geworden, dass genug Geld dafür vorhanden sei. Laut Medienberichten möchte die britische Regierung aber die beschlagnahmten Bitcoins behalten. Damit bahnt sich ein Konflikt mit China um die Milliarden an.