
Die Vorschläge von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) für eine unbefristete Abschiebehaft von ausreisepflichtigen Straftätern und Gefährdern stoßen in SPD-regierten Ländern auf Ablehnung. „Eine unbefristete Freiheitsentziehung ohne Aussicht auf tatsächliche Abschiebung wäre zweifellos verfassungswidrig“, sagte der Sprecher der SPD-geführten Landesinnenministerien, Hamburgs Innensenator Andy Grote, der Welt am Sonntag.
Auch die Ministerien in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen äußerten auf Anfrage der Zeitung verfassungsrechtliche Bedenken. „Die rechtlichen Hürden für einen unbefristeten Freiheitsentzug dürften ausgesprochen hoch sein“, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums.
Der Asylrechtler Philipp Wittmann vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg äußerte ebenfalls Bedenken. Er könne sich nicht erklären, „wie eine unbefristete Abschiebungshaft rechtlich begründet werden soll“, sagte er der Welt am Sonntag. Für die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl ist der Vorschlag Dobrindts „in einem Rechtsstaat nicht machbar“.
Die von der Union geführten Innenministerien argumentieren hingegen, dass Betroffene in Abschiebehaft jederzeit freiwillig ausreisen könnten. Zudem gab es „ausdrückliche“ Unterstützung für Dobrindts Pläne vom baden-württembergischen Staatssekretär für Migration, Siegfried Lorek (CDU): „Bei der Rückführung stehen für uns Mehrfach- und Intensivtäter sowie Gefährder besonders im Fokus“, sagte Lorek.
Großteil der Haftplätze ist bereits belegt
Bei einem Migrationsgipfel mit mehreren Innenministern anderer EU-Länder vor einer Woche in München hatte Dobrindt neue Vorschläge für einen härteren Kurs in der europäischen Asylpolitik vorgelegt. „Wir wollen, dass wir unbefristete Abschiebehaft für abgelehnte Asylbewerber ermöglichen“, sagte Dobrindt nach dem Treffen. Ein Ziel seien auch „unbefristete Einreiseverbote“.
Die EU-Kommission hat kürzlich einen Vorschlag für eine neue Rückkehrverordnung vorgelegt, um Abschiebungen zu beschleunigen. Dieser sieht eine Höchstgrenze von 24 Monaten Haft vor und ermöglicht in schweren Fällen sogar eine Entfristung. Dobrindt will dies in Deutschland ermöglichen. Allerdings ist unklar, wie das umgesetzt werden soll. Eine Umfrage der Welt am Sonntag bei allen Bundesländern ergab, dass ein Großteil der bundesweit 790 Haftplätze bereits belegt ist.
Ende Juli waren nach Angaben des Innenministeriums 226.600 Ausländer ausreisepflichtig. Wie viele von ihnen Straftäter oder Gefährder sind, ist unklar. Im ersten Halbjahr wurden laut Bundesregierung knapp 12.000 Menschen abgeschoben.