Meme vom Vize-Präsidenten der USA: Wie sieht der echte J. D. Vance noch mal aus?

Berlin taz | „Ist das nicht großartig?“, fragt Donald Trump, während er die Vorhänge in seinem Oval Office zur Seite schiebt. Dahinter kommt ein Bild von seinem Vizepräsidenten J. D. Vance zum Vorschein, allerdings fast bis zu Unkenntlichkeit bearbeitet: Dieser Vance hat lange blonde Locken und ein rundes Gesicht. „Wow“, sagt die Fox-Moderatorin Laura Ingraham, die Trump samt Kameras durch sein Büro begleitet. Der Clip, den ein User auf seinem Social-Media-Kanal veröffentlichte, ist natürlich bearbeitet, in Wahrheit hat Trump die Unabhängigkeitserklärung der USA aufhängen lassen.

Das Video spielt mit einem Meme, das bereits seit einigen Monaten kursiert: gephotoshoppte Versionen von J. D. Vance. Vance als Emo, Vance als Glatzkopf, Vance mit stierenden Augen.

Begonnen hat alles Anfang Oktober, als der republikanische Kongressabgeordnete Mike Collins auf seinem X-Account eine yassified Version eines Vance-Porträts postete, also einen Edit mit kantigeren und normschöneren Gesichtszügen. Nut­ze­r:in­nen ließen daraufhin ihrer Fantasie freien Lauf und begannen, ihre eigenen Vances zu posten. „Ich habe mittlerweile komplett vergessen, wie der echte JD Vance aussieht“, schrieb einer.

Neuen Auftrieb bekam der Trend nach dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office Ende Februar. „Haben Sie einmal Danke gesagt?“, empörte sich der US-Vize da in Richtung Selenskyj.

Die Sorge vor dem Spott

Prompt posteten Use­r:in­nen eine Reihe von Edits, die Vance als dicklichen kleinen Jungen zeigen, auch mal mit Propellerhut und buntem Lolli, der die anderen Kinder nervig neunmalklug ermahnt, doch mal Danke zu sagen. Der Vizepräsident als lächerliche Witzfigur.

Doch steckt noch mehr hinter dem Gestaltenwandler Vance? „Sein rundes Gesicht und seine dichten Wimpern haben einen gewissen Anime-Charakter, der sich vielleicht für infantilisierende Karikaturen anbietet“, sinniert die New-Yorker-Autorin Jessica Winter. Auf einer tieferen Ebene würden die Edits aber auch von Vance’ „essenzieller Wandelbarkeit“ zeugen, seiner Bereitschaft, politische Positionen zu ändern, wenn es gerade opportun scheint. Der Never-Trump-Vance aus dem Jahr 2015, der den jetzigen Präsidenten mit Hitler verglich, war übrigens glattrasiert.

Mittlerweile hat Vance selbst – mit einem gezwungenen Augenzwinkern – ein solches Meme gepostet. Damit kann er aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Use­r:in­nen ihn mit ihren 1001 JDs zum Gespött machen. Die Sorge vor dem Spott der Massen trieb vielleicht auch The Donald um, als er sich am Montag über ein neues Porträtgemälde im Kapitol von Colorado erboste. Sein Gesicht sei absichtlich verzerrt, schimpfte Trump, und verlangte, das Bild solle abgehängt werden.

Manch einer wunderte sich über die heftige Reaktion. Denn tatsächlich schmeichelt das Gemälde Trump eher. Er wirkt jünger, weniger orange. Kein Anflug hier von Francisco Goya, der die Familie um König Karl IV. von Spanien Anfang des 19. Jahrhunderts mit solch einfachen und dümmlichen Gesichtern malte, dass auch die letzten Be­trach­te­r:in­nen die Botschaft verstehen mussten. Trumps Wutanfall ist vielleicht die Raserei des Narzissten, der sich in seinem eigenen Abbild nicht erkennt. J. D. Vance dagegen spiegelt sich wohl in jeder Version seiner selbst ein bisschen.