Medizinische Forschung an Affen: Ethische Debatte im Bundestag – Wissen

Zuerst schüttelt die Frau auf der Besucherebene nur den Kopf, dann haut sie sich mit der flachen Hand auf den Oberschenkel. Im Petitionsausschuss des Bundestags müssen Besucherinnen und Besucher ihre Meinung für sich behalten. Manchem fällt das schwer.

Grund für die Gefühlswallung ist die ethisch schwierige Frage, mit der der Petitionsausschuss des Bundestags sich an diesem Montag befasst. Sollen Tierversuche an Affen zu medizinischen Methoden wie invasiven Hirnoperationen, Organtransplantationen und Arzneimitteln verboten werden? Das fordern die Petenten der Tierschutzorganisationen Ärzte gegen Tierversuche und Peta. Rund 40 000 Unterschriften haben sie binnen sechs Wochen gesammelt.

Die Primatologin und Petentin Melanie Seiler zählt ihre Argumente auf: Tierversuche auch an Affen produzierten „wissenschaftlich unzuverlässige Ergebnisse“, weil die Körper von Affen und Menschen eben doch unterschiedlich funktionierten. Mehr als neunzig Prozent der Tests scheiterten schließlich in Versuchen am Menschen. Es sei für Pharmafirmen kostengünstiger, auf Tierversuche zu verzichten und auf alternative Methoden zu setzen. Zum Beispiel auf Organoide, kleine Gewebsstücke, die aus Zellarten eines Organs bestehen und im Labor gezüchtet werden. Hinzu kommt das Leid der Tiere, sagt Mit-Petentin Sabrina Engel von Peta. Zudem berge der systematische Handel mit Tieren für Tierversuche gesundheitliche Risiken für Menschen.

Der Petitionsausschuss des Bundestags funktioniert so: Die Petenten dürfen ihr Anliegen präsentieren, dann stellen die Abgeordneten Fragen. Meist versuchen sie, in der kurzen Fragezeit die Argumente ihrer Fraktion zu einem Thema unterzubringen. So fragt Sandra Carstensen von der CDU Melanie Seiler, welche alternativen Methoden es zu Tierversuchen an Affen in Deutschland gebe: Schließlich müsse schon jetzt geprüft werden, ob die Forschung an den Tieren unerlässlich sei und ob es nicht andere Methoden gebe.

Bundesregierung hält sich an die Stellungnahme der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Gegenargumente gibt es im Petitionsausschuss nur, wenn sie von den Abgeordneten vorgetragen werden. Die Senatskommission für tierexperimentelle Forschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat trotzdem eine Stellungnahme veröffentlicht. Genau wie die CDU-Abgeordnete Carstensen argumentieren sie, dass der Anteil der Tierversuche an Affen in Deutschland gering (0,1 Prozent) sei, aber „unerlässlich“. Mehr als 80 Prozent dieser Versuche würden im Rahmen vorgeschriebener Prüfungen neuer Medikamente als letzte Sicherheitsstufe vor den Tests am Menschen gemacht. „Ein Verbot würde daher zwingenderweise dazu führen, dass diese vorgeschriebenen Prüfungen im Ausland stattfinden müssen“.

In den USA hat das Center for Disease Control (CDC) laut dem Fachmagazin Science die Vorgabe von der Regierung von Donald Trump erhalten, alle Forschung an Primaten einzustellen. Amerikanische Wissenschaftler warnen vor den Folgen. Besonders in der Forschung zu HIV gebe es keine echten Alternativen, sagte die Direktorin des nationalen Zentrums für Primatenforschung, Deborah Fuller, dem Magazin.

Eine große Sorge der Wissenschaft: Die Komplexität des menschlichen Körpers könne nicht adäquat durch alternative Methoden abgebildet werden. So argumentierte jüngst etwa der Forscher K.C. Kent Lloyd im Fachmagazin Nature: Andere Ansätze seien wichtig und hilfreich, aber könnten Tierversuche nicht vollständig ersetzen. Die Petentin Seiler glaubt, dass das auch daran liege, dass nicht mehr Geld in die Erforschung alternativer Methoden fließe. Transparent sei die Finanzierung auch nicht, kritisiert sie.

Die Bundesregierung hält sich jedoch an die Argumente der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Auch Versuche an Menschenaffen will sie nicht verbieten. Diese werden zwar seit mehr als 30 Jahren in Deutschland nicht mehr gemacht. Dennoch brauche man die Rückfalloption, zum Beispiel, wenn eine Pandemie ausbreche, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Silvia Breher (CDU), im Petitionsausschuss.