Martin Rütter empört über Hundetrend: „Grob fahrlässig!“

Seit 25 Jahren befindet sich Martin Rütter auf tierisch-menschlicher Mission. Immer im Auftrag der Hunde. In seiner neuen Live-Show „Der will nur spielen!“ klärt er humoristisch auf über das Fehlverhalten von Zwei- und Vierbeinern, präsentiert unterhaltsame Geschichten und aberwitzige Anekdoten. Aber natürlich gibt es auch praktische Ratschläge für alle Hunde-Freunde und solche, sie es noch werden wollen.

AZ: Herr Rütter, Sie sind der „Mann für alle Felle“, gelten als der Hundeflüsterer schlechthin – wie gut können Sie mit Katzen?
MARTIN RÜTTER: Ich spiele auf der Bühne natürlich extrem mit dem Klischee: ‚Oh Mann, ne Katze! Ein Tier zweiter Klasse! Wer braucht das denn?‘ Die Wahrheit ist, dass ich Katzen total spannend finde. Ich wohne auf einem alten Reiterhof, wo es Katzen gibt, die die Getreidesilos mäusefrei halten. Wenn man einer Katze zuschaut, wie die schleicht, kurz vor dem Sprung: Das hat so was Urwüchsiges! Ich bin kein Experte, aber ich mag Katzen mehr, als ich zugebe.

„Ich glaube, wir Hunde-Leute sind einfach toleranter“

In Ihrem Shop verkaufen Sie T-Shirts mit der Aufschrift ‚Du magst keine Hunde? Tschüss.‘ Diese zwei Lager – hier die Katzen-, da die Hunde-Freunde – gibt es also schon, oder?
In eine Richtung schon. Leute, die sagen ‚Ich will eine Katze haben‘, kommen selten auf die Idee, sich als zweites Tier einen Hund zu nehmen. Weil das ganz anders ist. Eine Katze ist sehr unkompliziert im Sinne von ‚Die kommt auch mal alleine klar‘. Sie braucht nicht ständig diesen engen Sozialkontakt. Aber ich kenne viele Hunde-Leute, die noch eine Katze dazu nehmen. Ich frage bei jeder Show ‚Wer hat ne Katze?‘ – ein Drittel der Leute zeigt auf. Ich glaube, wir Hunde-Leute sind einfach toleranter. Wenn man einen neuen Lebenspartner hat, der mit dem Hund nicht klar kommt, ist das schon schwierig. Ich glaube, dass eine Frau, die einen Hund hat und seit zehn Jahren Single ist, lieber noch 20 Jahre Single bleibt als einen Mann zu nehmen, der mit dem Hund nicht kann. Bei mir ist das auch so. Meine Partnerin muss keine Expertin sein, aber sie mag den Hund sehr – und das ist schon eine Voraussetzung.

Ganz schön mächtig, so ein Hund.
Ja. Aber gleichzeitig lernen sich Leute über Hunde kennen, die sich sonst nie kennenlernen würden. Bei mir im Publikum sitzt neben dem Uni-Professor einer ohne Schulbildung, das sechsjährige Kind neben der 96-Jährigen.

Eigentlich wollten Sie nicht Hundeflüsterer werden, sondern Fußballprofi, danach wenigstens Sportreporter. Ihr Klub?
Ich bin ja im Ruhrpott aufgewachsen, war als Kind Schalke-Fan, genau gesagt Klaus-Fischer-Fan. Der wechselte dann zum 1. FC Köln, was kaum jemand weiß – seitdem bin ich Köln-Fan, lebe auch seit 30 Jahren in der Stadt.

„Ich war noch nicht bereit für den nächsten Hund“

Köln hat einen Geißbock als Maskottchen – warum gibt’s im Fußball kein einziges Hunde-Maskottchen?
Im Eishockey gibt’s die Kassel Huskies, aber im Fußball? Ich finde übrigens, dass man den Geißbock Hennes abschaffen sollte – weil ich das schlimm finde für das Tier im Stadion.

Wie sind Sie auf den Hund gekommen? Hatten die Eltern einen?
Im Gegenteil: Meine Eltern haben Haustiere abgelehnt, obwohl ich als Kind verrückt danach war. Aber alles, was man nicht grillen oder marinieren kann, fand mein Vater sinnlos. Ich hatte aber eine Tante Thea, die immer Tiere hatte und der man auch Tiere brachte. Angefahrene Taube? Tante Thea! Ne alte Spinne? Tante Thea! Das hat mich als Kind begeistert.

Und was war Ihr erster eigener Hund?
Mina, eine Golden Retrieverin. Die hab‘ ich gekauft, als ich an der Sporthochschule ins Studentenwohnheim gezogen bin.

Martin Rütter trainiert auch hoffnungslose Fälle.
Martin Rütter trainiert auch hoffnungslose Fälle.
© Ralf Jürgens
Martin Rütter trainiert auch hoffnungslose Fälle.

von Ralf Jürgens

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Wo Hunde wahrscheinlich gar nicht erlaubt waren…
Nee. Die Leiterin ahnte das und hat so ein bisschen die Augen zugedrückt – weil sie selber zwei Hunde hatte. Auch in der Mensa haben das alle akzeptiert, weil Mina gut funktionierte, völlig verhaltensunauffällig. Das ist heute noch ein Running Gag: Einige Dozenten, zu denen ich noch Kontakt habe, meinten früher: „Mit dem Sport wird das eher nix, aber das mit den Hunden könnte klappen.“

Ihr aktueller Hund?
Emma. Ätzender Name, weil jeder zweite Hund so heißt. Die hieß aber so, als ich sie als Einjährige bekam. Sieht aus wie ein Border Collie, ist aber ein Mischling aus Australian Shepherd und Terrier. Die habe ich aus einer sehr schlechten Haltung bekommen, wurde als Welpe schon zwölf, 15 Stunden und als junger Hund mehrere Tage allein gelassen. Die ist dann immer ausgebüxt, mitten in der Stadt, war irgendwo in der Nachbarschaft und kam oft zu uns gerannt. Ich hatte gerade keinen Hund, Mina war schon zwei Jahre tot, und ich war immer noch sehr in Trauer, war noch nicht bereit für den nächsten Hund. Und dann stand immer diese Emma vor der Tür, die wir dann irgendwann übernommen haben. Sehr problematisch! Bei Hunden kannte die nur: wegrennen oder platt machen. Vor Menschen hatte sie so Angst, dass sie geschrien und gepinkelt hat, wenn sie welche gesehen hat. Mein Plan war: Ich hole die da raus, mache sie drei Monate lang alltagstauglich und werde dann jemand für sie finden – kein Schwein wollte sie haben. Jetzt ist sie schon elf Jahre bei uns.

Der Hundetrainer Martin Rütter liebt Hunde und versucht ihnen, zu helfen.
Der Hundetrainer Martin Rütter liebt Hunde und versucht ihnen, zu helfen.
© Klaus Grittner
Der Hundetrainer Martin Rütter liebt Hunde und versucht ihnen, zu helfen.

von Klaus Grittner

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Das Schlimme an Hunden ist ja, dass sie nicht so alt werden. Wie gehen Sie damit um?
Mein Programm ist ja lustig, die Leute lachen zwei Stunden – aber es geht auch ums Sterben. Da will ich den Leuten Mut machen, indem ich erzähle, dass ich einen Fehler gemacht habe. Mina ist 16,5 Jahre alt geworden, und die letzten drei Jahre habe ich ständig gedacht: ‚Boah, wenn die stirbt…‘ Dieses Unbefangene war weg. So habe ich mir eine schöne Zeit genommen. Auf der Bühne erzähle ich, wie man es besser machen kann und sage am Ende dann, dass Mina seit 14 Jahren tot ist – und jeden zweiten Abend schießen mir die Tränen ein. Absurd! Aber das ist so eine Wucht. Ich hab‘ die als Student bekommen, und als sie starb, hatte ich fünf Kinder, 30 Mitarbeiter, mein Leben hatte sich komplett auf den Kopf gestellt – und der Köter war immer irgendwie dabei. Als sie starb, habe ich das sechs Monate lang nicht öffentlich gemacht – und ich war da schon sehr öffentlich. Ich wollte keine Beileidsbekundungen. Nach einem halben Jahr habe ich es in einem Interview erzählt – und hatte danach 11.000 Mails. Ich hatte mit Mina so ein Ritual: Sie war auf Tour dabei, ich bin von der Tiefgarage immer mit meinem Kram ins Hotelzimmer und hab‘ sie danach geholt. Monatelang ist es mir noch passiert, dass ich auf dem Weg in die Tiefgarage merkte: ‚Scheiße, sie ist ja gar nicht mehr da!‘

„Ich bin nicht Konrad Lorenz“

Sie spielen in der Olympiahalle Ihr fünftes Bühnenprogramm, sind im Fernsehen präsent, schreiben ein Buch nach dem anderen, in Ihrem Shop gibt’s alles vom Schnüffelteppich bis zur Leckmatte – ist der Kosmos Hund ein unendlicher?
Total. Ich hätte nie Angst, dass mir die Themen ausgehen. Ich bin sehr wissenschaftlich orientiert, habe Zugriff auf alle Studien, entwickele mich ständig weiter. Und dann gibt’s ja noch Trends.

Martin Rütters Programm "Der will nur spielen".
Martin Rütters Programm „Der will nur spielen“.
© Guido Engels
Martin Rütters Programm „Der will nur spielen“.

von Guido Engels

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Zum Beispiel?
Doodles. Die Leute kreuzen in jede Rasse einen Doodle rein – Labra-Doodle, Golden Doodle – und verkaufen die als allergikerfreundlich – reines Marketing, grob fahrlässig!

Muss man als Hundehalter Thomas Manns „Herr und Hund“ gelesen haben?
Ein Verlag hat mich jahrelang bekniet, das als Hörbuch einzusprechen. Hab‘ ich nicht gemacht, weil ich mal ein Buch von Konrad Lorenz eingesprochen habe, dem Verhaltensforscher – und die Leute vergessen, dass ich nicht Konrad Lorenz bin. Der schreibt nämlich mal: „Einen anständigen Rüden erzieht man mit der Eisenstange.“ Insofern werde ich ein Buch zum Thema Hund, das nicht von mir stammt, nicht mehr einsprechen.

Martin Rütter ist der "Mann für alle Felle".
Martin Rütter ist der „Mann für alle Felle“.
© Klaus Grittner
Martin Rütter ist der „Mann für alle Felle“.

von Klaus Grittner

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Was halten Sie von „Paw patrol“?
Gott sei Dank sind meine Kinder zu alt dafür. Ich hasse das. Weil es so dümmlich ist. Ich habe als Kind schon alle Filme abgelehnt, in denen Tiere eine Hauptrolle spielen. Lassie, Flipper: Habe ich gehasst. Flipper hab‘ ich geschaut, weil ich das Meer mochte. Wer mich aber wirklich fasziniert, ist Snoopy – weil er Anarchist ist. Ich glaube, dass sein Zeichner Charles Schulz ein Hundekenner war. Denn Snoopy ist ein Beagle, und Beagle sind totale Freigeister. Ich habe mir eine ziemlich teure Originalzeichnung gekauft: Snoopy liegt faul auf der Hundehütte, und Charly Brown schimpft ihn, ob er nicht mal irgendeinen Beruf haben wolle. Snoopy öffnet ein Auge und meint: ‚Ich könnte Schlafunterricht geben.‘ Das mochte ich als Jugendlicher total.

„Ein Hund ist auch in der Lage, Empathie zu entwickeln, wie ein Mensch“

Mal gebissen worden?
Dreimal. Wenn der Hundetrainer gebissen wird, ist das immer Ausdruck dessen, dass er sich nicht auskennt. Aber ich würde ausschließen, dass ich in meinem Beruf nochmal gebissen werde. Der letzte Biss ist 18 Jahre her.

Und warum sind uns Hunde nun so nah und nicht Wellensittiche oder Goldfische?
Weil sie etwas können, was keine andere Tierart kann. Biologisch betrachtet kann der Hund einen Artfremden als vollwertigen Partner sehen. Er weiß: Du bist kein Hund – wirst aber so wichtig wie ein Hund. Das kann eine Katze überhaupt nicht. Ein Pferd? Wird immer die Herde vorziehen. Aber dadurch, dass der Hund dir so eine Relevanz gibt, hat er eine sehr hohe Erwartungshaltung an dich. Der erwartet, dass du seine Bedürfnisse stillst und kommunikativ gut drauf bist. Deshalb machen Hunde auch so viele Probleme, wenn das nicht passiert. Ein Hund ist auch in der Lage, Empathie zu entwickeln, wie ein Mensch. 


Martin Rütter gastiert mit „Der will nur spielen!“ am 8. Februar um 20 Uhr in der Olympiahalle

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