„Markus Lanz“: Ministerpräsident Weil setzt VW Frist bis Weihnachten – Lindners „dicker Hund“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil verlangt Klarheit über die Zukunft des Volkswagen-Konzerns – noch in diesem Jahr. Bis Weihnachten müsse es eine Klärung geben, sagte der SPD-Politiker bei „Markus Lanz“. Die derzeitige Situation sei sehr belastend für viele Menschen. „Das muss ein Ende haben“, sagte Weil. Im Raum stehen Werksschließungen und Personalabbau.

Volkswagen hatte bei der zweiten Tarifrunde in Wolfsburg erstmals konkrete Details zu seinen Sparplänen genannt. Dazu gehört die Forderung, die Tariflöhne um zehn Prozent zu senken. Die IG Metall verlangt hingegen sieben Prozent Gehaltserhöhungen. Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte am Montag über Pläne von VW berichtet, mindestens drei Werke in Deutschland zu schließen und Zehntausende Arbeitsplätze abzubauen.

Der Ministerpräsident bekräftigte, er habe die sehr klare und ernst gemeinte Erwartung, dass es bessere Alternativen gebe als Werkschließungen. Wo man Industrien einmal abziehe, kämen sie nicht wieder. Wenn die Autoindustrie wieder bessere Zeiten erlebe, werde sie bestimmte Kapazitäten benötigen.

Zu den Tarifforderungen der Gewerkschaft wollte sich Weil nicht konkret äußern. Als Politiker müsse er sich hier heraushalten. Der Ministerpräsident sprach aber von einer schweren Last und Verantwortung der Beteiligten. Am Ende müsse ein Unternehmen wettbewerbsfähig sein, betonte Weil.

Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte im VW-Konzern. Ministerpräsident Weil und seine Stellvertreterin Julia Willie Hamburg (Grüne) sitzen für das Land im Aufsichtsrat. Zusammen mit den Arbeitnehmervertretern haben sie dort die Mehrheit, bei wichtigen Entscheidungen hat das Land ein Veto-Recht.

Weil rügte zudem den Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für dessen parallel zu einem Industriegipfel im Kanzleramt veranstaltetes Treffen mit Wirtschaftsverbänden. Dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) angesichts der Wirtschaftslage einen Kreis von Leuten einlade, sei völlig normal, sagte Weil. Wirtschaftspolitik müsse in dieser Lage Chefsache sein. Dass Lindner dann publikumswirksam einen Gegengipfel veranstalte, sei aber „schon ein ziemlich dicker Hund“. So könne man nicht vorgehen, sagte Weil. „Das ist ein Umgang, der unter aller Kanone ist.“

Scholz hatte am Montag im Kanzleramt einen Industriegipfel veranstaltet. Lindners FDP-Fraktion lud ihrerseits am selben Tag zu einem Treffen, bei dem auch Handwerk und Mittelstand dabei waren. Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen wiederum hatte ein Papier mit der Forderung nach einem milliardenschweren Fonds für mehr Investitionen vorgelegt, was mit Lindner und Scholz kaum zu machen ist.

Weil wollte nicht spekulieren, ob die Ampel-Koalition bis zur regulären Bundestagswahl im September 2025 durchhält. Er äußerte bloß den Wunsch, dass die Bundesregierung wieder voll handlungsfähig werde, öffentliche Schauspiele beende und sich konzentriert den Problemen zuwende.

Differenziert äußerte sich Weil zu der Frage, ob für den umstrittenen Altkanzler Gerhard Schröder noch Raum in der SPD sei. Auf diese Frage hatte der neue SPD-Generalsekretär Matthias Miersch im „Stern“ geantwortet: „Ja. Sonst hätte Gerhard Schröder aus der Partei ausgeschlossen werden müssen“. Weil betonte, er differenziere zwischen der „riesigen Lebensleistung“ Schröders als aktiver Politiker und dessen Verhalten gegenüber Russland. Dieses könne nicht akzeptiert werden und dafür gebe es auch keinen Raum in der SPD.

Der aus Niedersachsen stammende Altkanzler hält trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine an seiner Freundschaft mit Kremlchef Wladimir Putin fest und ist weiterhin für die mehrheitlich russischen Gesellschaften der Nord-Stream-Pipelines durch die Ostsee tätig. Von der SPD-Führung wird er deshalb ausgegrenzt. Ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn scheiterte aber.