

Und wie im Falle von Hussein haben die Vereinigten Staaten ein Kopfgeld auf Maduro ausgesetzt. Die Regierung von George W. Bush bezichtigte Hussein fälschlicherweise, Massenvernichtungswaffen zu besitzen. In der Argumentation des amtierenden Präsidenten Donald Trump werden „Massenvernichtungswaffen“ bereits gegen die Vereinigten Staaten eingesetzt – in Form von Rauschgift.
Die Trump-Regierung hat die Rauschgiftkriminellen des Landes zu Terrororganisationen erklärt und rechtfertigt damit den Einsatz des Militärs und der CIA. Kampfgebiet ist die südliche Karibik, wo in den vergangenen Monaten etliche mutmaßliche Rauschgiftboote angegriffen wurden. Die Armada, die Washington zusammengezogen hat, lässt sich mit der Jagd auf Schmuggelboote jedoch kaum begründen.
Für die Realität blind
Die Operation kostet den amerikanischen Steuerzahler täglich Millionen. Und wer glaubt, dass Kokain aus Kolumbien deswegen nicht mehr in die Vereinigten Staaten gelangte, der ist blind für die Realität. Ja, Venezuela ist ein Transitland. Aber das meiste Gift ist für Europa bestimmt. Fentanyl wiederum, nach dessen Gebrauch in den vergangenen Jahren tatsächlich Hunderttausende Amerikaner gestorben sind, stammt in der Regel aus Mexiko.
Trumps Kriegsflotte befindet sich aus einem anderen Grund in der Karibik: Maduro. Spätestens seit dem Wahlbetrug im vergangenen Jahr, den die Opposition mit handfesten Beweisen entlarven konnte, ist klar, dass Venezuela eine lupenreine Diktatur geworden ist, unterstützt von Iran, Kuba, China und Russland. Doch Trumps Ansatz ist ein anderer: Auf der Liste seiner Terror-Rauschgiftkartelle stand zunächst nur das „Sonnenkartell“ in Venezuela, ein korruptes Netzwerk innerhalb des Staates und der Armee, das am Kokainschmuggel beteiligt ist und an dessen Spitze Maduro persönlich stehen soll. Nun geht Trump noch weiter, indem er die gesamte venezolanische Regierung als Terrororganisation bezeichnet. Gleichzeitig hat Washington eine „totale Blockade“ aller mit Sanktionen belegten Öltanker angekündigt, die in Venezuela an- oder ablegen.
Freilich hat sich Trump in eine Lage gebracht, in der ihm kaum noch etwas anderes übrig bleibt, als maximalen Druck auf Maduro auszuüben. Bald wird sich die amerikanische Öffentlichkeit nicht mehr von der willkürlichen Tötung mutmaßlicher Rauschgiftschmuggler beeindrucken lassen. Ähnlich wie damals im Irak, als die US-Armee keine Massenvernichtungswaffen fand, muss eine andere Rechtfertigung für die teure Militäroperation gefunden werden. Bush konnte den Sturz von Hussein als Befreiung des Iraks verkaufen. Trump braucht einen solchen Erfolg noch dringlicher, nicht zuletzt auch, um der angestrebten Vorherrschaft in der eigenen Hemisphäre näher zu kommen.
Trumps selbstgeschaffenes Dilemma
Die Frage ist, wie weit Trump gehen wird. Die Annahme, dass das Maduro-Regime unter steigendem Druck zusammenbricht, hat sich in mehr als zwölf Jahren nicht bewahrheitet. Alles wartet nun darauf, ob Trump seine Drohung wahr macht und Ziele innerhalb Venezuelas attackieren lässt. Das Dilemma ist greifbar. Ein Gewährenlassen Maduros wäre mit hohen politischen Kosten verbunden. Ein Angriff auf venezolanischem Territorium ebenso, von den menschlichen und finanziellen ganz abgesehen.
Eine ebenso zentrale Frage ist, was passierte, falls Maduro stürzte. Seit Jahren gibt es Wiederaufbaupläne, in denen der Erdölsektor eine zentrale Rolle spielt. Doch wer soll diese umsetzen und wie? Die Opposition unter Führung der Friedensnobelpreisträgerin María Corina Machado, die sich an Trumps Seite stellt? So legitim das viele fänden, es wäre fatal, zu glauben, der Schalter ließe sich einfach umlegen, sobald Maduro das Land verlassen hat. Staat und Armee sind seit über mehr als 20 Jahren zu einem autoritären Regime verschmolzen. Zerfällt dieses, droht auch der letzte Rest an öffentlicher Ordnung zu verschwinden.
Die Nachbarstaaten bis hinunter nach Chile, die in den vergangenen Jahren von Millionen venezolanischen Migranten überrollt wurden, sehnen sich nach einem Ende der Venezuelakrise. Und mehr noch wünschen sich das die Venezolaner, die ihr Land verlassen mussten. Doch mit dem Fall Maduros wird die Krise nicht enden. Für einen Wiederaufbau und eine Rückkehr zur Demokratie braucht es Sicherheit – und dafür einen starken Staat mit funktionierenden Institutionen. Darüber war aus dem Weißen Haus bisher nichts zu hören. Der Irak lässt grüßen.
