Luka Doncic wechselt zu den Lakers: Einer der spektakulärsten Deals in der NBA – Sport

Es kann kaum eine bessere Reaktion auf dieses megalomanische Tauschgeschäft zwischen den Los Angeles Lakers und den Dallas Mavericks geben als dieses Emoji von Dirk Nowitzki. Die Mavericks-Legende spielte 21 Jahre lang in Dallas und gewann 2011 den ersten und bislang einzigen NBA-Titel der Mavericks. Jetzt schrieb Nowitzki kein Wort, sondern stellte auf X lediglich ein Smiley-Gesicht ein: die Variante mit weit aufgerissenen Augen und hochgezogenen Augenbrauen, roten Wangen und einem horizontalen Strich als Lippen.

Dieser Gesichtsausdruck enthält so ziemlich alle Emotionen, die der Deal rund um die nordamerikanische Basketballliga NBA ausgelöst hat. Wahlweise: „Waaaaaas?“ Oder: „Gibt’s doch gar nicht!“ Besonders bei den Mavericks-Aficionados, zu denen auch Nowitzki zählt, herrscht Schockstarre.

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Das multiple Tauschgeschäft besagt, dass der slowenische Ausnahme-Spieler Luka Doncic, der deutsche Flügelspieler Maxi Kleber und Markieff Morris nach LA wechseln; Dallas bekommt dafür den Center Anthony Davis, Max Christie und zusätzliches Wahlrecht in der zweiten Runde der Talentbörse 2029. Und, eine Randnotiz: Utah Jazz war auch beteiligt und erhält Jalen Hood-Schiffino sowie zwei zusätzliche Zweitrunden-Picks beim Draft in dieser Sommerpause.

Der Kern des Deals ist aber dieser: Doncic, 25, der weltweit gefährlichste Offensiv-Einzelkönner, der die Mavericks in der vergangenen Saison in die Finalserie geführt hat und in die produktivste Phase seiner höchstwahrscheinlich Hall-of-Fame-tauglichen Karriere gekommen ist, wird Teil der seit 50 Jahren mit dem Wort Showtime assoziierten Lakers! Davis hingegen, ebenfalls ein sicherer Ruhmeshallen-Kandidat und mit 31 Jahren der beste Defensivspieler der NBA, geht zu den Mavericks. Es ist ein sogenannter „Blockbuster-Deal“, möglicherweise der überraschendste der NBA-Geschichte.

Nach der ersten Fassungslosigkeit – es gibt Videos mit verblüfften Gesichtern von NBA-Stars wie Kevin Durant, als sie vom Deal erfahren – lautet die Frage natürlich: Warum dieser Tausch? Und da geht der Blick sofort zu LeBron James, 40, der in dieser Saison die sportliche Quadratur des Kreises probiert: Er will selbst sportlich relevant bleiben und mit den Lakers ernsthaft um den Titel mitspielen; die fünfte Meisterschaft ließe ihn gleichziehen mit Lakers-Legende Kobe Bryant. Er will aber auch gemeinsam mit Sohn Bronny in der NBA auf dem Feld stehen. Wie am Samstagabend im Madison Square Garden in New York, als LeBron beim 128:112-Sieg gegen die Knicks ein Triple Double (33 Punkte, zwölf Rebounds, elf Zuspiele) schaffte – und Bronny in seinen knapp zwei Minuten auf dem Feld immerhin seinen einzigen Wurfversuch im Korb versenkte.

„Ich verstehe, warum die Leute zunächst geschockt sind“, sagt der Manager der Dallas Mavericks

LeBron James soll keine Ahnung gehabt haben vom Doncic-Davis-Tausch. Er erfuhr davon beim Abendessen nach der Partie in New York. Seine erste Reaktion waren gleich zwei Emojis plus eine Art Satz-Konstruktion, die alleine wegen der Grammatik zeigt, wie aufgebracht er beim Tippen gewesen sein muss: „You a fkn lie“, schrieb James auf den Hinweis eines Reporters, dass er, LeBron, „immer frustrierter mit Davis gewesen“ sei. Er setzte ein Pinocchio und ein Clown-Emoji dazu. Eine groteske Lüge also, diese Behauptung!

James und Davis sind bekanntlich eng befreundet. Und zwar so eng, dass sich die NBA bei Davis’ Wechsel zu den Lakers im Jahr 2019 genötigt sah, ein Memo an alle NBA-Teams zu verschicken mit dem Hinweis, sich bitte an die „Tampering“-Regeln zu halten und keine Akteure mithilfe unerlaubter Absprachen zum eigenen Verein zu locken. James, der ein Jahr davor nach LA gekommen war, hatte immer wieder betont, wie toll es wäre, gemeinsam mit Davis auf Titeljagd zu gehen. Das taten sie dann tatsächlich, und sie wurden (in der Covid-Bubble von Florida) im Herbst 2020 Meister. Es war James deshalb nun ein Anliegen, seine Unwissenheit und Nicht-Beteiligung an dem Deal zu betonen, denn eines stimmt auch: Bei aller Qualität ist Davis verletzungsanfällig; seit dem Titel im Oktober 2020 hat er insgesamt 119 Spiele verpasst, derzeit laboriert er an einer Bauchmuskelzerrung.

In Dallas herrscht deshalb jetzt Schockstarre, im negativen Sinn. Da kann der Mavericks-Manager Nico Harrison noch so oft sagen, dass man NBA-Titel nur mit überragender Defensive gewinnen könne. „Ich verstehe, warum die Leute zunächst geschockt sind“, sagte Harrison: „Aber ich glaube, dass wir besser für Gegenwart und Zukunft aufgestellt sind. Es ist meine Aufgabe, schwierige Entscheidungen zu treffen.“ Aus dem Umfeld der Mavericks ist indes zu hören, dass die Gründe für die Rochade andere seien als bloß die Defensiv-Qualitäten von Davis einerseits – und andererseits das nachgewiesen mangelnde Interesse von Doncic an gewissenhafter Verteidigung. Die Mavericks sollen vielmehr eine Heidenangst gehabt haben, Doncic im Sommer eine sogenannte Supermax-Vertragsverlängerung anbieten zu müssen, für die nur ein sehr exklusiver Kreis an NBA-Profis infrage kommt: 345 Millionen Dollar für fünf Jahre!Denn: Doncic mag ein Genie sein, er gilt aber auch als Hallodri, der gar nicht erst zu verbergen versucht, dass er seinem Körper gerne mal leistungsmindernde Mittel zuführt. Und der auf dem Platz bisweilen lieber fröhlich zockt, als dass er die Spiele um jeden Preis gewinnen will. Also einer, der wertvolle Beiträge zu einem Titelgewinn leisten, ein Team aber nicht mit der Intensität eines Michael Jordan oder LeBron James dorthin führen kann.

Von dieser Angst, dass Doncic das fröhliche und spektakuläre, aber titellose Gesicht der Mavericks werden könnte, profitieren nun die Lakers. Deren Fans sind größtenteils ebenfalls in Schockstarre, jedoch auf die fröhliche Art. Gibt’s doch gar nicht, dass wir Doncic bekommen, der in dieser Saison bislang herausragende Zahlen liefert – 28,1 Punkte, 8,3 Rebounds und 7,8 Assists pro Partie! Ja, auch er ist verletzt, an der Wade, und die Mavericks waren offenbar besorgt über sein Engagement in der Reha. Doch die Lakers glauben, dass er bis zum All-Star-Wochenende Mitte Februar einsatzfähig sein könnte. Dann bliebe Zeit genug, sich mit James für die Playoffs einzuspielen (und nebenbei Maxi Kleber als Korb-Bewacher und zuverlässigen Dreierschützen zu integrieren).

Gehen jetzt wieder getrennt auf Körbejagd: Anthony Davis (rechts) und LeBron James. (Foto: Jim Dedmon/USA TODAY/Reuters)

Dass weder Davis noch Doncic von ihren Klubs gefragt wurden, was sie von dieser Rochade halten – das ist fast eine Petitesse im hochpreisigen Menschenhandel-System des US-Profisports. Ob das alles so klappen wird, was sich die Manager in Dallas und Los Angeles da ausgedacht haben, ist aber auch völlig ungewiss. Deshalb ist die treffendste Reaktion auf einen der überraschendsten, spektakulärsten und verblüffendsten Deals der NBA-Geschichte tatsächlich: das Emoji von Dirk Nowitzki.