In Stockholm wird am Donnerstag um 13 Uhr der diesjährige Nobelpreis für Literatur vergeben. Letztes Jahr wurde der Norweger Jon Fosse ausgezeichnet.
Stockholm afp/taz | Wird es wie in den beiden Vorjahren ein großer Name der Weltliteratur oder doch wieder ein Preisträger, mit dem niemand gerechnet hat? Am Donnerstag wird in Stockholm verkündet, wer in diesem Jahr mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wird. Frühestens um 13.00 Uhr wird die Schwedische Akademie ihre mit Spannung erwartete Auswahl bekanntgeben. Die Bekanntgabe kann man ab 13 Uhr auch im Livestream verfolgen.
Rund 200 Namen standen nach Auskunft der Akademie diesmal auf der erweiterten Kandidatenliste – wer darunter ist, das wird traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten.
In den vergangenen beiden Jahren war der Literaturnobelpreis an den Norweger Jon Fosse und die Französin Annie Ernaux gegangen. Beide hatten damals vorab jeweils zum engeren Favoritenkreis gezählt.
Viele Favoriten im Rennen
Diesmal werden – neben einer Reihe weiterer aussichtsreicher Kandidaten – unter anderem der Chinesin Can Xue, deren experimentelle Schreibweise zuletzt in dem Roman „Schattenvolk“ lesbar war. Seit Jahren hoch gehandelt wird aus Indien stammenden britisch-amerikanischen Schriftsteller Salman Rushdie, der zuletzt das Messerattentat auf ihn in dem Buch „Knife“ verarbeitet hatte. Auch dem Australier Gerald Murnane werden große Chancen eingeräumt.
Vor allem in Deutschland wird auch immer wieder der Namen der Berliner Autorin Jenny Erpenbeck genannt. Sie war im Februar für ihrern Roman „Kairos“ mit dem renommierten International Booker Prize ausgezeichnet worden. Andere Literaturexperten tippen, dass Margaret Atwood oder Thomas Pynchon geehrt werden könnte.
Häufig Außenseiter ausgezeichnet
Die Schwedische Akademie ist allerdings bekannt dafür, manchmal auch die Namen von eher unbekannten Autorinnen und Autoren aus dem Hut zu zaubern. Den tansanischen Schriftsteller beispielsweise Abdulrazak Gurnah kannten nur wenige, bis er 2021 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Sollte sich die Akademie wieder für diesen Weg entscheiden, dann könnte die Auszeichnung möglicherweise an die Australierin Alexis Wright gehen – ihr Name war zuletzt überraschend in vorderer Reihe bei einem Wettanbieter aufgetaucht.
Seit der ersten Preisvergabe im Jahr 1901 sind insgesamt 120 Literaturnobelpreisträgerinnen und -preisträger benannt worden, darunter weltbekannte Literaten wie Ernest Hemingway, Selma Lagerlöf und Jean-Paul Sartre, aber auch Persönlichkeiten wie der frühere britische Premier Winston Churchill und der US-Musiker Bob Dylan, die zunächst nicht unbedingt mit der Weltliteratur in Verbindung gebracht werden. Die letzten deutschen Preisträger waren Herta Müller vor 15 und Günter Grass vor 25 Jahren, der letzte deutschsprachige der Österreicher Peter Handke vor fünf Jahren.
Mehrheitlich wurde der Preis an männliche Autoren aus Europa verliehen. Von 120 Ausgezeichneten waren nur 17 Frauen, acht davon in den vergangenen 20 Jahren.
Preise für Medizin, Physik und Chemie
Zuvor wurden in dieser Woche bereits die Preisträger in den wissenschaftlichen Kategorien Medizin, Physik und Chemie verkündet – bislang sind darunter sieben Männer und noch keine Frau gewesen. Am Freitag ist der Friedensnobelpreis dran, verkündet wird das Ergebnis nicht wie bei den anderen Nobelpreisen in Stockholm, sondern in Oslo. Am kommenden Montag schließt dann die Kategorie Wirtschaftswissenschaften die alljährlichen Nobelpreis-Bekanntgaben ab.
Feierlich überreicht werden die prestigeträchtigen Nobelmedaillen traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel (1833-1896). Die Auszeichnungen sind in diesem Jahr erneut mit einem Preisgeld in Höhe von elf Millionen schwedischen Kronen (knapp 970.000 Euro) dotiert.