Der insolvente Elektroflugzeughersteller Lilium hat neue Investoren gefunden. Das Unternehmen teilte am Dienstag mit, ein Konsortium von Geldgebern aus Europa und Nordamerika habe sich zusammengetan, das Betriebsvermögen der beiden deutschen Tochtergesellschaften Lilium GmbH und Lilium eAircraft GmbH zu übernehmen. Lilium rechnet mit dem Abschluss der Transaktion, dem sogenannten Closing, Anfang Januar. „Der Abschluss der Transaktion Anfang Januar wird es uns ermöglichen, unser Geschäft wieder aufzunehmen“, so Lilium-Chef Klaus Roewe.
Lilium entwickelt seit Jahren ein siebensitziges, senkrecht startendes und landendes Elektroflugzeug für kurze Regionalstrecken, den Lilium Jet. Seit dem Start haben Investoren rund 1,4 Milliarden Euro in das Start-up mit Sitz in Oberpfaffenhofen bei München gesteckt. Dennoch blieb das Unternehmen lange Zeit unterfinanziert. Die Kosten für Forschung und Entwicklung waren hoch, Umsätze generierte die Firma noch nicht, gleichzeitig hat sich in den vergangenen Jahren die Stimmung in der Risikokapitalbranche deutlich verschlechtert. Lilium konnte nicht mehr genügend frisches Geld auftreiben, auch, weil staatliche Bürgschaften nicht durchzusetzen waren.
Ende Oktober musste Lilium dann Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen. Der Insolvenzverwalter beauftragte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit der Investorensuche. Ein Konsortium zu formen, statt an einen einzelnen Investor zu verkaufen, war dabei früh eine ernsthafte Möglichkeit.
Zuletzt schien Lilium aber nicht nur das Geld, sondern auch die Zeit auszugehen. Am vergangenen Freitag kündigte das Unternehmen fast allen verbliebenen Mitarbeitern der beiden deutschen Gesellschaften, um Fristen im Insolvenzverfahren zu wahren. Eine Entscheidung der Investoren wurde mehrfach verschoben. Nun sieht es so aus, als sei Lilium in allerletzter Minute doch noch die Rettung gelungen.
Die Investoren wollen dazu eine neue Dachgesellschaft, die Mobile Uplift Corporation GmbH, gründen, die die Vermögenswerte von Lilium übernimmt. Die Finanzierung wird nach Angaben von Lilium sicherstellen, dass das Unternehmen den Betrieb wieder aufnehmen kann. Die Einigung steht noch unter einigen Vorbehalten – unter anderem muss ihr auch noch der Gläubigerausschuss des insolventen Unternehmens zustimmen.
Details gibt es nicht, es sei aber ein „großer Durchbruch“
Zur Identität der Investoren und der finanziellen Bedingungen ihres Einstiegs machte Lilium keine Angaben. Sie seien allerdings „sehr erfahren“, der Deal sei ein „großer Durchbruch.“ Dem Vernehmen nach handelt es sich nicht um Finanzinvestoren, sondern um eine Gruppe strategischer Geldgeber, die langfristig an Bord bleiben wollen.
In einer kurzfristigen anberaumten Betriebsversammlung teilte Roewe den am Freitag entlassenen Mitarbeitern mit, dass sie von der neuen Gesellschaft übernommen werden. Auch wenn Lilium nun doch noch weiterarbeiten kann, steht die Firma weiter vor komplizierten Aufgaben. Sie muss hoffen, dass möglichst alle der gerade entlassenen Mitarbeiter wieder zurückkehren – die meisten der Lilium-Spezialisten dürften relativ leicht anderswo in der Luftfahrtbranche neue Jobs finden. Außerdem ist unklar, ob die vielen Lieferanten, mit denen Lilium vor der Insolvenz zusammengearbeitet hat, dem neuen Konstrukt vertrauen oder längst ihre Aufmerksamkeit auf andere Projekte verschoben haben.
Auch Lilium selbst wird, wenn das Closing wirklich gelingt, die bisherige Strategie hinterfragen müssen. Lilium hatte bis zur Insolvenz trotz sehr schnellem Kapitalabfluss bei der Entwicklung nicht auf die Bremse gedrückt und darauf gesetzt, möglichst als einer der ersten Anbieter unter den vielen neuen Elektroflugzeugbauern auf dem Markt zu sein. Doch der Lilium Jet gilt als eines der technisch anspruchsvollsten Konzepte, auch hat es bei Batterien nicht so schnelle Fortschritte wie erhofft gegeben. In der Luftfahrt spielt eine möglichst hohe Energiedichte eine große Rolle, weil damit das Gewicht der schweren Aggregate reduziert werden und die Reichweite der Flugzeuge erhöht werden kann. Die Batterien müssen auch besonders hohen Sicherheitsanforderungen genügen.
Es ist also wahrscheinlich, dass Lilium künftig sparsamer und langsamer arbeiten wird, auch wenn das bedeutet, dass sich die Zertifizierung des Lilium Jets verzögert. Schon jetzt ist das bisherige Ziel, gegen Ende 2026 die Zulassung zu erreichen, unrealistisch. Allerdings gilt dies auch für die großen amerikanischen Konkurrenten Joby und Archer, die dank großzügigerer Geldgeber und Staatshilfen finanziell weit besser dastehen. Lilium arbeitete bis zuletzt daran, die ersten Prototypen zu bauen. Der Erstflug war für das erste Quartal 2025 vorgesehen, er wird sich nun aber sicherlich deutlich verzögern.