
Die Bücher von Thomas Mann, der vor 150 Jahren geboren wurde, sollte man immer lesen. Gerade in ungemütlichen Zeiten.
„Ein fieberhaftes und furchtbar gereiztes Ich reckte sich im einsamen Größenwahn empor und bedrohte die Welt mit einem Schwall von gewaltsamen Worten.“ Dieser Satz bezieht sich nicht auf Donald Trump. Er stammt, obwohl angemessen anachronistisch und dennoch originell formuliert, auch nicht von einem toten, noch gar von einem lebenden FAZ-Herausgeber. Man findet den Satz vielmehr in einer von Thomas Manns frühen kleinen Erzählungen, die „Beim Propheten“ heißt. Sie entstand 1904 in München und schildert ironisch und wenig verklausuliert eine Soiree bei dem Dichter Ludwig Derleth. Der hatte Kontakt zum Kreis um Stefan George, den die einen für einen großen Schriftsteller und Denker halten, die anderen für einen narzisstischen Mythenhuber. Derleth jedenfalls war ein Eiferer, wollte den Katholizismus erneuern, und schrieb ein seltsames Buch mit dem Titel „Der fränkische Koran“. Es erschien 1933 im Verlag Bärenreiter, und wer nicht glaubt, dass es seltsam ist, kann es für ungefähr 20 Euro antiquarisch erwerben und selbst lesen.