Leroy Sané hat nach einem schwierigen Jahr seine Form wiedergefunden. Der Angreifer des FC Bayern will jetzt auch wieder in der Nationalmannschaft angreifen und verrät, dass ihm der Champions-League-Titel wichtiger als sein Gehalt ist.
Nach seiner langen Verletzungspause kommt Leroy Sané immer besser in Form. Der Stürmer des FC Bayern stand zuletzt beim 1:0 gegen St. Pauli erstmals in dieser Saison in der Startelf der Münchner. Auch bei der Nationalmannschaft hat er sich zurück ins Team gekämpft.
Frage: Herr Sané, Sie kommen aus einer längeren Verletzung zurück, müssen sich sowohl bei der Nationalelf als auch bei Bayern wieder ins Team spielen. Wie schwierig ist der Spagat, Vollgas zu geben, ohne erneut eine Verletzung zu riskieren?
Leroy Sané: Wir hatten einen klaren Plan seit meiner Leisten-OP Anfang Juli. Der Austausch mit Julian Nagelsmann und Vincent Kompany ist sehr gut. Ich persönlich muss eine gute Dosierung finden, speziell, wenn ich für 20, 30 Minuten eingewechselt werde, weil ich natürlich immer was machen will auf dem Platz. Zweimal durfte ich zuletzt von Beginn an bei Bayern ran, das hilft. Ich freue mich, nun wieder bei 100 Prozent zu sein, habe in den letzten Spielen schon gut hineingefunden, jetzt will ich möglichst schnell in den Flow kommen. Ich bin bereit und heiß auf den Jahresendspurt.
Frage: Welche Bedeutung hatte das Deutschland-Trikot für Sie als Kind?
Sané: Während der Heim-EM habe ich mich oft an die Zeit erinnert, als ich selbst als Junge beim Public Viewing stand. Gerade über Social Media bekam ich mit, was es den Menschen und vor allem den Kids bedeutet, uns spielen zu sehen und wie viel Freude es ihnen bereitete, wieder das Deutschland-Trikot zu tragen. Das macht mich stolz und zeigt mir, was man im und für das Land ausrichten kann. Das ist mit das schönste Gefühl überhaupt und macht einen schon demütig, dass wir eine Verantwortung haben und nicht alles selbstverständlich ist. Es ist für mich eine besondere Sache, die deutschen Farben zu vertreten, und jedes Mal eine Ehre.
Frage: Sie wurden diesmal nachnominiert, wollen sich wieder in der Startelf festsetzen. Die WM 2026 findet neben Kanada und Mexiko in den USA statt. Sie besitzen ein Haus in Los Angeles. Würden Sie die Staaten als Ihre Wahlheimat bezeichnen?
Sané: Das kann man so sagen, ja. Meine Frau Candice kommt aus den USA, wir sind dort oft im Urlaub, ich mag den Vibe in LA, kann dort auch ungestört über die Straße oder mit der Familie zum Essen gehen. Ich mache gerne Selfies und gebe Autogramme, wenn einen aber mal niemand erkennt, ist das auch mal schön. Und klar ist es mein Ziel, bei der WM eine tragende Rolle zu spielen. Bei der EM war mir das aufgrund meiner Beschwerden nicht so möglich, wie ich mir das vorgenommen hatte, das soll sich 2026 ändern.
Frage: Im Sommer könnte für die Nationalspieler des FC Bayern und von Dortmund sowohl das „Final Four“-Turnier der Nations League sowie kurz danach die Klub-WM anstehen. Ist die Belastung für Profis zu hoch?
Sané: Ich mag es, drei Spiele in einer Woche zu haben. Auch in den unterschiedlichen Wettbewerben, der Rhythmus ist cool und gefällt mir. Im Einzelfall muss man natürlich aufpassen, einen Spieler auch mal herausnehmen. Da muss ein Draht zwischen Trainern, Verantwortlichen und Mannschaft entstehen, damit es keine Überbelastung und Verletzungen gibt.
Frage: Die große Frage ist, bei welchem Verein Sie während der Klub-WM unter Vertrag stehen – das Turnier geht über den 30. Juni 2025 hinaus. An diesem Tag endet Ihr Arbeitspapier bei Bayern.
Sané: Ich habe Vertrauen in mich, in die Situation und auch in meinen Verein. Wir sind da in einem transparenten und entspannten Austausch. Ich will jetzt wieder regelmäßig auf dem Platz stehen, die Zeit auf dem Feld genießen. Wir spielen aktuell richtig gut, die Stimmung ist top. Auf diesen Zug will ich voll aufspringen und meinen Teil dazu beitragen.
Frage: Das klingt nach einer großen Wertschätzung für den FC Bayern.
Sané: Ich fühle mich richtig wohl, die Gespräche mit Vinni (Kompany; d. Red.), Max Eberl und Christoph Freund sind sehr gut und vertrauensvoll. Daher sind meine Gedanken aktuell tatsächlich nur beim FC Bayern, alles Weitere werden wir in den nächsten Wochen und Monaten sehen.
Frage: Kann Kompany, mit dem Sie bei Manchester City noch zusammenspielten, am Ende der entscheidende Faktor werden?
Sané: Wir beide kennen uns tatsächlich gut. Unter Vinni spielen wir einen ansehnlichen Offensivfußball. Wir haben unter seiner Führung Spaß auf dem Platz, das ist für mich wichtig und spielt in meiner Entscheidung natürlich auch eine Rolle, klar.
Frage: Was ist der wichtigste Faktor für eine Vertragsverlängerung bei Bayern?
Sané: Es geht um das Gesamtpaket, nicht um einzelne Faktoren. Ich fühle mich im Verein wie in der Kabine wohl. Für mich zählt, dass ich ein wichtiger Teil in den Planungen des FC Bayern bin und möchte diese Rolle bestätigen. Generell sind mir der Trainer und die Spielphilosophie sehr wichtig. Ich beschäftige mich sehr viel damit, da ich mein Spiel immer weiterentwickeln möchte. Diese beiden Faktoren passen gerade richtig gut.
Frage: Stört es Sie, dass im Zuge der Vertrags-Diskussion immer Thema ist, dass Sie auf Gehalt verzichten müssten? Sie sollen ja auch schon beim Wechsel 2020 von City zu Bayern auf einen beachtlichen Betrag verzichtet haben?
Sané: Das Thema schwirrt gerade überhaupt nicht in meinem Kopf herum. Und es steht bei mir generell nicht an erster Stelle, wie viel ich verdiene. Ich habe mir darüber offen gestanden noch keine Sekunde Gedanken gemacht. Wie ich sagte: Es geht um das Gesamtpaket. Wie sieht meine Position aus? Wie sieht der Verein mich? Wie ist die Spielphilosophie? Können wir gemeinsam etwas Großes wie den Sieg in der Champions League erreichen? Das sind die Dinge, die für mich erst einmal wichtig sind.
Frage: Sind Sie mit Ihrer Familie in München inzwischen heimisch geworden?
Sané: Wir fühlen uns super wohl, sind in München heimisch und genießen es. Das ist ein großer Faktor.
Frage: Manchester United und der FC Arsenal sind an Ihnen interessiert. Übt die Premier League noch einen Reiz auf Sie aus?
Sané: Ich habe eine Sympathie für die Liga, verfolge gewisse Partien immer noch im Fernseher. Der Reiz für mich liegt aber in dem Verein, wo ich meine beste Leistung zeigen, mich entwickeln und Titel gewinnen kann. Das habe ich beim FC Bayern. Hier habe ich meine größte Herausforderung und Ziele.
Frage: Sie könnten ab 1. Januar überall unterschreiben, da Ihr Vertrag ausläuft. Haben Sie einen Zeitplan im Kopf?
Sané: Ich werde sicher nicht am 1. oder 2. Januar bei einem anderen Verein unterschreiben. Ich brauche keine schnelle Entscheidung. Ich will bis Winter maximal in Schwung kommen und mit dem FC Bayern so viele Siege wie möglich holen. Wie gesagt, ich vertraue der Situation und mir.
Frage: Ihr bester Kumpel in der Mannschaft ist Jamal Musiala. Ist Jamal für Sie mehr als nur ein befreundeter Mitspieler, und kann er ein Faktor bei einer Verlängerung sein?
Sané: Ich fühle mich mit Jamal total wohl, auf und außerhalb des Platzes, wir haben Spaß zusammen. Er ist nicht nur ein sehr guter Spieler, sondern ist zu einem echten Freund geworden. Ich kann mir sehr gut vorstellen, mit Jamal auch nach der gemeinsamen Zeit in einem Verein in den Urlaub zu fahren. Wir sind mehr als „Spielerfreunde“, viel mehr als nur normale Kollegen. Ich hoffe, dass wir noch lange zusammenspielen. Aber selbst wenn das mal nicht mehr der Fall sein sollte, würden wir Freunde bleiben. Der Teamspirit bei uns ist allgemein gut. Dazu haben wir echt talentierte, tolle Fußballer mit viel Potenzial. Das gab es schon oft, aber jetzt ist der Antrieb noch größer: Weil das Champions-League-Finale in München in unserem Stadion stattfindet. Wenn wir die Puzzleteile beim FC Bayern zusammenfügen, können wir das große Ding holen.
Frage: In der Nationalelf waren Sie nun wieder gemeinsam mit Florian Wirtz auf dem Platz. Ist er ein Spieler, den sich der FC Bayern für die Zukunft sichern muss?
Sané: Flo ist ein super Spieler, aber ich kenne seine Pläne für die Zukunft nicht. Ich habe das Glück, mit Flo hier zusammenzuspielen. Als ich ihn das erste Mal beim DFB gesehen habe, dachte ich mir: „Ups, was ist denn das?“ Er hat sehr früh eine Riesenqualität gezeigt.
Der Artikel wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) verfasst und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.