
Mitten in … Larnaka
In Zypern ballen sich Geburt, Tod und Auferstehung auf engstem Raum. Hier soll die meerschaumgeborene Liebesgöttin Aphrodite den Fluten entstiegen sein, und hier soll Lazarus von Bethanien als Bischof gewirkt haben und gestorben sein. Lazarus, das war bekanntlich der Mann, den Jesus von den Toten auferweckte. Ihm ist in Larnaka eine Mehrkuppelkirche byzantinischen Stils gewidmet. Die gläubigen Besucher bedecken die Ikonen mit Küssen und begeben sich hinunter in die Krypta des Lazarus. Dort steht prominent ein steinerner Sarkophag – quasi der Schrein des Heiligen. Während man sich noch freut, für einen Moment allein hier zu sein, kommt im Sarg Bewegung auf. Er wird doch nicht? Nicht noch einmal? Tatsächlich schält sich aus dem vorne offenen Sarkophag ein Mann heraus. Er küsst mehrmals den Stein und geht von dannen. Udo Watter

Mitten in … Walvis Bay
Als der Guide – ein Boer (weißer Namibier) namens Elmar – seine drei Fahrgäste beisammen hat, ist die Verwunderung groß, teilen sie doch den gleichen Nachnamen: ein Deutscher und zwei ihm völlig unverbundene Schweizer (Vater und Tochter). So starten Elmar und die drei zufälligen Beers nach Sandwich Harbour, wo Meer und Wüste aufeinandertreffen. Elmar lockert die Fahrt mit Witzen auf. Sein Genre: Geschlechterrollen. Eine Gästin habe neulich eine Robbe mit einem Steinhaufen verwechselt. Als Elmar sie korrigierte, habe ihr Ehemann eingegriffen: „Wenn meine Frau sagt, das ist eine Robbe, ist das eine Robbe.“ Am Ende der Tour fragt er die Beers, ob sie es sicher finden, allein durch Namibia zu fahren. „Nicht, wenn meine Tochter fährt“, antwortet der Schweizer. Elmar johlt. Und alle wissen: Das wird die nächste Gruppe als Story zu hören bekommen. Joshua Beer

Mitten in … Memmingen
Der ECE München-Zürich zuckelt so langsam durchs Allgäu, dass man glaubt, die Kühe neben den Gleisen überholen gleich. Bis zur Grenze hat der Zug, der laut Fahrplan dreieinhalb Stunden für 300 Kilometer braucht, schon eine Stunde Verspätung. Auf dem Rückweg: bis zur Schweizer Grenze pünktlich, in Memmingen eine halbe Stunde zu spät. Im Großraumwagen sitzt ein Mann, der nervös auf die Uhr schaut. Er zieht mehrere zerfledderte Zettel aus seiner Jackentasche, auf denen mysteriöse Zahlenkolonnen stehen, per Kugelschreiber notiert. Versucht er, den Fahrplan mit Hilfe kabbalistischer Zahlenmystik zu deuten? Dann zückt er sein Handy. „Hallo, hier ist der Zugführer von RB 79“, ruft er, „bitte bleibt in Buchloe noch stehen, ich sitze im ECE, halbe Stunde zu spät.“ So sieht es also aus, wenn die Bahn selbst ins Bahnchaos gerät. Titus Arnu
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