Laut Studie: 50+1-Regel genießt großen Rückhalt bei deutschen Fans

Die Fans vom 1. FC Köln zeigen in der Fankurve ein Banner zur 50+1-Regelung

Stand: 16.10.2025 11:57 Uhr

Die 50+1-Regel der DFL steht aufgrund ihrer Prüfung durch das Bundeskartellamt aktuell unter Druck. Eine laufende Studie zeigt, wie wichtig sie den Fans ist.

Für die Studie hat die Universität Leipzig mehr als 3.900 Mitglieder und Fans von Klubs der Fußball-Bundesliga, 2. Bundesliga, 3. Liga und der Regionalligen befragt. Über 85 % der Befragten empfinden die Themen „Mitbestimmung“ und „Mitgestaltung“ als wichtig oder sehr wichtig – so ein erstes Zwischenergebnis kurz vor Ende der Studie, das sportschau.de exklusiv vorliegt.

„Mitbestimmung kein Nice-to-have“

Die Sorge, ihr Mitspracherecht könnte beschränkt werden oder gar wegfallen, ist bei den Anhängern dementsprechend stark ausgeprägt – laut der Studie hat der Erhalt der 50+1-Regel für die Anhänger höchste Priorität. Denn sie gilt als letzte Bastion gegen die vollständige Übernahme der Klubs durch Investoren:

„Besonders auffallend ist dabei, dass wir eine Befürwortung bei unterschiedlichen Gruppen von Fans sehen. Unabhängig von einer Vereinsmitgliedschaft, den Besuchern in Stadien, dem Alter oder dem Geschlecht, lässt sich eine klare Befürwortung der Regel beobachten“, so Studienleiter Dr. Sebastian Björn Bauers von der Universität Leipzig im Gespräch mit sportschau.de. Er forscht seit Jahren zu der 50+1-Regel im deutschen Fußball.

„Aus Mitglieder- und Fanperspektive bedeutet dies, dass Mitbestimmung kein Nice-to-have ist. Sondern dass Mitbestimmung ein zentraler Teil der Fankultur in Deutschland ist“, so Bauers weiter.

Die 50+1-Regel

Die 50+1-Regel besagt, dass die Mehrheit der Stimmanteile an einer ausgegliederten Profiabteilung immer in den Händen des von Mitgliedern bestimmten Muttervereins liegen muss. Der Einfluss von Investoren wird somit begrenzt. Eine Ausnahmeregelung gilt derzeit für Bayer 04 Leverkusen und den VfL Wolfsburg. Begründet wurden diese Ausnahmen mit einer „ununterbrochen und erheblichen Förderung über mindestens 20 Jahre“.

Bundeskartellamt prüft 50+1-Regel

Die Regel steht gerade deshalb unter Druck, weil sie zurzeit vom Bundeskartellamt überprüft wird. Dabei hat Deutschlands oberste Wettbewerbsbehörde in einer vorläufigen Bewertung „keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel“ feststellen können. Allerdings sind mehrere Maßnahmen angemahnt worden, die die Deutsche Fußball-Liga DFL jetzt umsetzen muss.

Sollten diese Anpassungen nicht erfolgen, könnte am Ende sogar das Aus der Regel drohen. Laut der Behörde würde sie dann nämlich gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Im Zentrum stehe dabei neben der einheitlichen Anwendung der Regel vor allem die Mitbestimmung bei den Vereinen.

„Dass die Mitglieder hier maßgeblich zum Zuge kommen, ist der Kernpunkt und muss sichergestellt werden“, erklärte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt im Sommer gegenüber sportschau.de. Das sei allerdings bisher nicht bei allen Bundesliga-Klubs der Fall, machte die Behörde bei ihrer vorläufigen Einschätzung deutlich.

DFL für Erhalt der Regel

Die DFL stellte zuletzt immer wieder öffentlich klar, dass sie an einer Lösung für den Erhalt der Regel mit allen Beteiligten intensiv arbeite. Vorteile der Regel seien Partizipation, Mitbestimmung und die enge gesellschaftliche Verankerung der Vereine.

„Wir müssen aber auch darüber sprechen, dass wir unter anderem aufgrund von 50+1 geringere Mittel haben, um langfristige Investitionen zu tätigen. Wenn wir es nicht hinbekommen, wettbewerbsfähig zu sein mit 50+1, dann wissen wir, dass Druck auf die Regelung ausgeht“, erklärte zuletzt Marc Lenz, einer der beiden DFL-Geschäftsführer.

Allerdings verfügt bereits mehr als die halbe Bundesliga über Investoren-Modelle. Denn auch mit der Regel ist es bereits möglich, Anteile zu veräußern. Zum Beispiel in der Rechtsform der GmbH & Co. KGaA, in der der Mitbestimmungsrechte von Investoren von vornherein begrenzt ist. Damit können sogar bis zu 100 % der Kapitalanteile verkauft werden, wie es u.a. beim FC Augsburg (99%) oder dem BVB (ca. 95%) der Fall ist.

Werksvereine in Gefahr?

Anders bei Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg. Hier herrscht wegen des Kartellamt-Verfahrens eher Alarmstimmung. Denn nach Ansicht der Behörde muss bei allen Klubs perspektivisch sichergestellt werden, dass der für Neumitglieder offene Mutterverein die ausgegliederte Profi-Gesellschaft beherrscht.

Das ist aber bei den so genannten Werksvereinen nicht der Fall, hier bestimmen die dahinterstehenden Konzerne die Geschicke der Profi-Gesellschaften. Deshalb haben sich dieses Jahr die Bayer AG und die VW AG, also die „Mütter“ der beiden Werksvereine, zum Verfahren vor dem Kartellamt beiladen lassen.

Bislang stand der Bestandsschutz für die Ausnahme von 50+1 nicht in Frage – das hat sich aus Sicht der Bayer AG durch die überraschenden Aussagen des Bundeskartellamtes geändert“, so die Bayer AG auf sportschau.de-Anfrage.

Das Unternehmen sehe dadurch seine Vermögenswerte und Investitionen seiner 100-prozentigen Tochtergesellschaft Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH gefährdet, deren Geschäftsanteile von der Bayer AG gehalten würden. Ähnlich auch die VW AG, die ebenfalls die anstehende Entscheidung des Kartellamtes als erhebliche Interessenberührung für VW bei ihrer Tochter „VfL Wolfsburg“ ansieht.

Beide Konzerne seien deshalb aktuell im Austausch mit der DFL und dem Kartellamt, dessen finale Entscheidung noch aussteht.