Lager voll, Händler verzweifelt: „In diesem Jahr gibt es am Black Friday echte Schnäppchen“


Lager voll, Händler verzweifelt

„In diesem Jahr gibt es am Black Friday echte Schnäppchen“

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In den vergangenen Jahren setzten viele Händler vor der Rabattschlacht am Black Friday die Preise hoch, um sie dann stark zu senken. Diesmal können Kunden viel mehr sparen, wie Jörg Funder, Professor für Unternehmensführung im Handel an der Hochschule Worms, im Interview mit ntv.de erklärt. Denn der Einzelhandel muss dringend Ware loswerden.

ntv.de: Handelt es sich am Black Friday um echte Angebote oder werden die hohen Preisnachlässe von bis zu 50, teils sogar 95 Prozent den Kunden nur vorgetäuscht?

Jörg Funder: Wir haben aktuell eine Sondersituation, in diesem Jahr wird es deshalb echte Schnäppchen geben. Die Konsumstimmung ist so schlecht wie fast noch nie, wir laufen in eine absolute Krisensituation. Die Deutschen sind stark verunsichert, welche persönlichen Belastungen das neue Jahr bringt. Der Einzelhandel hat deshalb hohe Lagerbestände. Diese wollen die Händler abverkaufen, um die Lager leer zu bekommen und Umsätze zu generieren. Hinzu kommen vorgezogene Weihnachtskäufe: Beim Black Friday handelt es sich immer mehr um das vorgezogene Weihnachtsgeschäft.

Kaufen die Kunden jetzt schon ihre Weihnachtgeschenke?

Ja, die Verbraucher agieren preisbewusster und ziehen deshalb auch zunehmend ihre Weihnachtskäufe vor, wie sich schon in den vergangenen Jahren gezeigt hat. Mit echten Schnäppchen werden Händler auch versuchen, ein möglichst großes Stück vom Kuchen des reduzierten Weihnachtsbudgets abzubekommen. Ein Drittel der Deutschen will weniger für Weihnachten ausgeben.

Wo lässt sich am meisten sparen?

Bei Unterhaltungselektronik lässt sich tatsächlich sehr viel sparen. Denn diese Produkte veralten relativ schnell, die Modellzyklen sind kurz, deshalb sind die Händler hier besonders bemüht, die Lager zu leeren. Vereinzelt lässt sich auch bei Elektrogroßgeräten, der sogenannten Weißen Ware, sparen. Und auch bei Textilien gibt es quasi einen vorgezogenen Schlussverkauf. Teilweise lässt sich außerdem bei Möbeln und Einrichtung sparen, wobei es bei Möbeln gängige Praxis ist, Preise vorher hoch- und dann runterzusetzen.

Unter anderem bei Textilien locken inzwischen Billiganbieter wie Temu und Shein das ganze Jahr über mit niedrigen Preisen. Wie wirkt sich das auf den Black Friday aus?

Gar nicht, diese Portale machen auch selbst Black-Friday-Angebote. Viele Händler bieten ja schon die ganze Woche Rabatte an. Diese „Black Week“ – bis hin zum „Black Month“ – zeigt den großen Druck, unter dem der Handel steht, seine Lager zu leeren und Umsätze zu generieren. Die Ausweitung auf den ganzen Monat ist speziell.

Inwiefern lohnt sich die Rabattschlacht für die Händler dann überhaupt noch?

Das hängt sehr von der Warengruppe ab. Aber alles ist besser, als die Ware wegzuwerfen. Die Händler suchen geradezu verzweifelt nach Umsatzquellen. Ich gehe davon aus, dass auch das Weihnachtsgeschäft nicht gut laufen wird. Dieses Jahr werden wir deshalb auch in den kommenden Wochen voraussichtlich mit Rabatten regelrecht überflutet, um vom Kaufen überzeugt zu werden. Das Geld sitzt gerade überhaupt nicht locker bei den Deutschen.

Jörg Funder leitet die Denkfabrik Institut für Internationales Handels- und Distributionsmanagement.

Jörg Funder leitet die Denkfabrik Institut für Internationales Handels- und Distributionsmanagement.

Unter den Händlern gibt es auch schwarze Schafe. Wie können sich Kunden bei der Schnäppchenjagd vor Abzocke schützen?

Entscheidend ist der Preisvergleich. In den vergangenen Jahren haben Händler die Preise vor dem Black Friday oft hochgesetzt, um sie dann abzusenken. Deshalb sollten sich Verbraucher den Preis für ein Produkt, das sie interessiert, etwa vier Wochen vor dem Black Friday anschauen. Preisvergleichsportale zeigen auch die Preisentwicklung, ich kann also den niedrigsten Preis in den vergangenen Wochen einsehen.

Wie verbreitet ist Betrug während der Black Week?

Es gibt immer mehr Betrüger im Internet, die vorgeben, ein Online-Shop zu sein, aber gar keiner sind. Dabei kommt es aber nicht auf den Zeitpunkt an, sondern auf die Händler. Um zu verhindern, dass ich etwas bestelle, das nie geliefert wird, sollte ich prüfen, ob es ein Impressum und eine Telefonnummer gibt. Inzwischen bewerten auch Online-Portale die Seriosität von Online-Shops.

Lässt sich in der Black Week vor allem im Internet oder auch im stationären Handel sparen?

In Deutschland handelt es sich um ein ausgewiesenes Online-Phänomen, obwohl der Black Friday in den USA – der Freitag nach Thanksgiving – eigentlich aus dem stationären Handel kommt. Der Cyber Monday war dort das Online-Pendant, bis irgendwann alle alles gemacht haben. Der stationäre Handel in Deutschland hat die Aktionen inzwischen übernommen. Vor ein paar Jahren war der Black Friday bei uns noch neu, inzwischen ist er auch hierzulande etabliert. Die Deutschen planen ihn bei ihren Käufen fest ein, genauso den Cyber Monday und – wenn auch mit wesentlich geringerer Bedeutung – den Singles Day.

Mit Jörg Funder sprach Christina Lohner