La Liga: Die Low-Cost-Combo des FC Sevilla zerlegt Barça – Sport

„Vlachodimos“, riefen die Kommentatoren aus Funk und Fernsehen, immer wieder und immer wieder begeistert. Sie lachten dabei, denn phonetisch klingt der Name Vlachodimos wie ein resignativer spanischer Fluch: „La jodimos“, zu Deutsch: Wir haben es vermasselt. Wie ein Fluch, den die Spieler und Anhänger des FC Barcelona am Sonntagabend auf den Lippen tragen konnten. Barça vermasselte es nämlich tatsächlich: Der La-Liga-Meister der vergangenen Saison verlor im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán, der Heimstatt des FC Sevilla, mit 1:4 – und gab in der Folge die Tabellenführung an Real Madrid ab.

Vlachodimos, Vorname Oddyseas, hatte sehr viel damit zu tun. Er hatte die eine oder andere vielversprechende Chance der Katalanen vereitelt. „Er ist ein Torwart, der für Punkte sorgt“, lobte die Zeitung Diario de Sevilla.

Ihm zu Diensten sind nun unter anderen der chilenische Stürmer Alexis Sánchez und der spanische Abwehrspieler César Azpilicueta, die Spott provozierten: Beide sind schon 36 Jahre alt. Als ihre Verpflichtungen bestätigt wurden, kursierten im Netz Bilder von einem Auftritt des längst vergreisten andalusischen Folklore-Pop-Duos „Los del Río“, es hatte Mitte der Neunzigerjahre mit „Macarena“ auch in Deutschland einen Nummer-eins-Hit gelandet.

„Zwei Niederlagen kommen bei Barça einer Krise gleich“, schreibt die Zeitung As

Es war dabei gar nicht so einfach, Alexis und „Azpi“ zu registrieren. Das ganze Geld, das der Verein durch kluge Transfers und in der Champions- und Europa-League verdient hatte, wurde verprasst. Sevilla war derart pleite, dass der Klub Schwierigkeiten hatte, unter Einhaltung der vom spanischen Liga-Verband dekretierten Gehaltsobergrenzen Spieler zu registrieren. Im Sommer hatte der Klub gerade einmal 250 000 Euro übrig – für die Leihe des Mittelfeldspieler Batista Mendy, 25. Der Rest kam gebührenfrei, auch Vlachodimos, 31, der beim englischen Erstligisten Newcastle United ausgeliehen wurde. Doch siehe: Die andalusische Low-Cost-Combo scheint zu funktionieren. Der frühere DFB-Nachwuchskeeper und heutige griechische Nationalspieler Vlachodimos zeigte insgesamt sieben Paraden, davon gleich mehrere von spektakulärer Natur.

Gegen Barça räumte Azpilicueta, einst unter Thomas Tuchel Champions-League-Sieger mit dem FC Chelsea, hinten bestens auf; vorn steuerte Alexis in der 13. Minute per Foulelfmeter das wichtige 1:0 bei. Die anderen Tore Sevillas erzielten Isaac (37.), José Ángel (90.) und Akor Adams (90.+6). Zwischenzeitlich hatte Barcelonas stärkster Spieler – Marcus Rashford – zum 2:1 getroffen (45.+7), der zunehmend schlecht alternde Robert Lewandowski hingegen verschoss einen Elfmeter und vergab damit das mögliche 2:2 (76.). Die Angst vor dem Torwart-Odysseus Vlachodimos (früher VfB Stuttgart, Panathinaikos Athen, Benfica Lissabon, Nottingham Forest, Newcastle United, FC Sevilla) war so groß, dass er am Tor vorbeischoss.

Zunehmend schlecht alternd: Der 37-jährige Angreifer Robert Lewandowski verschießt gegen Sevilla einen wichtigen Elfmeter für den FC Barcelona.
Zunehmend schlecht alternd: Der 37-jährige Angreifer Robert Lewandowski verschießt gegen Sevilla einen wichtigen Elfmeter für den FC Barcelona. (Foto: Joaquin Corchero/Zuma Press Wire/Imago)

„Ich wollte, dass das Spiel nie aufhört“, sagte Sevillas Trainer Almeyda, der mit ein paar taktischen Anpassungen dazu beigetragen hatte, „das schlechteste Barça der Ära Hansi Flick“ hervorzukehren, wie die Zeitung La Vanguardia dem früheren Bundestrainer ins Stammbuch schrieb. Sevilla bot unter anderem eine Vierer- und nicht eine Dreierabwehrkette auf; im Mittelfeld deaktivierten die Andalusier Barcelonas Superhirne Olmo, Pedri und De Jong mit enger Manndeckung, die Pressinglinie wurde mutig nach vorn gezogen. Das Resultat: Sevillas erster Sieg gegen Barça seit ziemlich genau einem Jahrzehnt (3. Oktober 2015) und ein Novum im laufenden Kalenderjahr. Barça hatte letztmals im Dezember 2024 zwei Niederlagen aneinandergereiht, und „zwei Niederlagen kommen bei Barça einer Krise gleich“, bemerkte die Zeitung As.

Am 26. Oktober steht der Clásico gegen Real Madrid an

Die vorangegangene Niederlage dieser Woche war das 1:2 in der Champions League gegen Paris Saint-Germain, die Partie vom Sonntag in Sevilla weckte den Anschein, dass sie Barça noch nachhing. Es wäre auch ohne angesäuerte Muskeln alles andere als ein Vergnügen gewesen, am Sonntagabend in Sevilla Fußball zu spielen. Das Stadion liegt aus Mangel an Überdachung weitgehend in der prallen Sonne, das Thermometer zeigte bei Anpfiff 33 Grad im Schatten auf. Und dann fehlten auch noch Lamine Yamal und Raphinha, die beiden offensiven Schlüsselspieler der Meistersaison.

Während Barças Pedri offen einen Mangel an Intensität beklagte, gab sich Trainer Hansi Flick in seiner Analyse bemüht, ein Gleichgewicht zwischen Ehrlichkeit und plakativem Optimismus herzustellen. Seine Mannschaft habe in der ersten Halbzeit nicht gut gespielt, in der zweiten Halbzeit aber eine Reaktion gezeigt, das war im Grunde der Tenor seiner Ausführungen. Neulich hatte er noch sein Team dafür gescholten, zu große Egos gezeigt zu haben. Diesmal dürfte ihm daran gelegen gewesen sein, seine Spieler nicht mit allzu großer schlechter Laune in die Länderspielpause zu entlassen. Danach stehen Aufgaben an, die Positivität erfordern – insbesondere der Clásico am 26. Oktober bei Real Madrid, der schon jetzt seine Schatten vorauswirft. Da kann es sich keine Mannschaft erlauben, etwas zu vermasseln.