Alles ist groß an diesem Fall, auch der Sieger der ersten Runde. Kylian Mbappé, Superstar des französischen Gegenwartsfußballs, hat als Arbeitnehmer den titanischen Streit gegen seinen früheren Arbeitgeber fürs Erste gewonnen. Paris Saint-Germain muss dem Spieler 60,9 Millionen Euro bezahlen – und zwar sofort, ohne Verzug. So beschied es das Pariser Arbeitsgericht. Es versah das Urteil mit der Klausel „exécution provisoire“: Selbst wenn es zu einem Berufungsverfahren kommen sollte, was in diesem Fall doch sehr wahrscheinlich ist, wird die Strafe nicht aufgeschoben.
Kylian Mbappé, der bis zu seinem ablösefreien Wechsel zu Real Madrid im Sommer 2024 sieben Jahre lang für PSG spielte, den Verein seiner Heimatstadt, hat schon bald nach dem Umzug 55 Millionen Euro an unbezahlten Salären und Boni bei der Sportjustiz eingeklagt. Als dieser Schritt nichts ergab, zog er den Fall weiter vor das Arbeitsgericht, wohl in der Annahme, dass da der Einfluss des großen und reichen Klubs im Besitz Katars nicht gleich stark wirken würde als in den sportlichen Instanzen.

:Neuer Job fürs Diamantenauge
Sven Mislintat soll beim abstiegsgefährdeten Fußball-Zweitligisten Fortuna Düsseldorf künftig den Sport verantworten. Bei seinen früheren Klubs hat er unzählige Volltreffer auf dem Transfermarkt gelandet – und immer wieder Debatten ausgelöst.
Vor dem Arbeitsgericht präsentierte sich Mbappé dann aber mit ganz anderen Forderungen: 263 Millionen Euro. Es ging nicht mehr nur um die fixen und variablen Entschädigungen für seine letzten Arbeitsmonate, die ihm PSG nicht bezahlen wollte. Sondern unter anderem auch um illegale Beschäftigung, ungerechtfertigte Entlassung und Mobbing. Plötzlich war das ein klassischer arbeitsrechtlicher Streit zwischen zwei Parteien, allerdings mit ungewöhnlichen Summen.
PSG entschied sich, die Forderungen mit einer noch höheren zu toppen, eine juristische Konterstrategie mit infantilen Zügen: 440 Millionen Euro. Der Verein argumentierte, Mbappé habe schon ein Jahr vor dem Wechsel ein stilles Abkommen mit Real Madrid getroffen gehabt, versteckt, um PSG um die Transfersumme zu bringen. Für diese heimliche Nummer verlangte PSG jetzt eine Entschädigung von 180 Millionen Euro. Außerdem, so behauptete die Klubspitze, sei man schon einig gewesen mit einem saudischen Verein, der 180 Millionen Euro für die Übernahme von Mbappé bezahlt hätte. Dazu noch 60 Millionen Euro für unaufrichtige Vertragsführung und 20 Millionen für den erlittenen Imageschaden.
Dieses Urteil stellt eine einfache Wahrheit wieder her: Selbst in der Welt des Profifußballs gilt das Arbeitsrecht für alle.
Kommuniqué des juristischen Teams von Mbappé
So schaukelten sich beide Seiten hoch. Am Verhandlungstag soll es in dem Gericht so laut zugegangen sein, wie sie es dort noch nie erlebt hatten. Vor der Bekanntgabe des Urteils rätselte man in Frankreich, ob das Gericht vielleicht salomonisch entscheiden könnte: so halb-halb, damit an beiden Seiten etwas hängenbliebe.
An Mbappé, weil der in den vergangenen Jahren bei PSG nicht immer gleich motiviert auftrat und man schon lang annahm, dass er gern nach Madrid zu Real wechseln würde, dem Verein seiner Jugendträume. Auch PSG, so dachte man, würde bestraft werden dafür, dass es seine Angestellten zwar fürstlich bezahlt, dafür aber eine absolute, schier unverhandelbare Loyalität verlangt – zuweilen womöglich über das arbeitsrechtlich festgelegte Maß hinaus.
Es kam anders. Das Gericht verwarf alle Argumente von PSG. Und von Mbappé hielt sie nur jene Forderungen für stichhaltig, die seine Entlohnung angehen: Salär, Boni, bezahlter Urlaub. 61 Millionen Euro also. In einem Kommuniqué schreibt das juristische Team des Spielers: „Dieses Urteil stellt eine einfache Wahrheit wieder her: Selbst in der Welt des Profifußballs gilt das Arbeitsrecht für alle.“
Ob das schon das Zeug zum Präzedenzfall hat? Die Saga ist wohl noch nicht zu Ende.
