Kuriose Gastfreundschaft in japanischer Kneipe: Bier-Roboter und Nationalhymne – Panorama

Mitten in … Kyoto

Der Magen knurrt. Sehr doll sogar. Also stolpert man in ein Izakaya, eine japanische Kneipe, in der die Grundregel gilt: Nur wer trinkt, bekommt auch etwas zu essen. Diese spezielle Kneipe ist schlauchförmig und fasst mit etwas Quetschen vielleicht sieben Gäste. Man zapft sich also sein Bier beim Bierautomaten, der einem – das ist Technik! – das Bierglas aus der Hand nimmt, es zum Hahn führt, anwinkelt und von selbst einschenkt. Die 75-jährige Inhaberin serviert Nudeln und Pfannkuchen und versucht, sich mit Händen und Füßen mit einem zu unterhalten. Genauso ein älterer Herr, anscheinend ein Stammgast, der kurz darauf die Musikbox kapert und es nett meint mit den Deutschen. Er spielt Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“, Beethovens „Ode an die Freude“ und die deutsche Nationalhymne. Mit allen Strophen. Na dann, herzlichen Dank. Max Fluder

(Foto: Marc Herold)

Mitten in … Ulm

Ein versprengtes Grüppchen Demonstrierender in Ulm gibt Rätsel auf. Zum einen zählt die Demo mehr Transparente als Teilnehmende, was nie ein vorteilhaftes Verhältnis ist. Zum anderen verweigert sie jeden inhaltlichen Fokus. Diese Tragik vereint sich vor allem auf einen Mann, der der Demo schwitzend hinterherläuft, in jeder Hand zwei Schilder. Auf denen geht es irgendwie um Frieden, aber auch „Sozialschmarotzer“, Corona, Bürgergeld und „Millionen an die Taliban (Afghanistan)“. Vor einem Lokal bleibt der Mann bei einer Runde Menschen stehen, die doch nur ihr Bier trinken will, und schwallt sie ohne Gnade zu. Geduldig hören sie hin, bis einer von ihnen den Monolog höflich auf, sagen wir, Ulmer Art beendet. Er zeigt auf den weiterziehenden Demozug, an den der Schildträger jetzt völlig den Anschluss zu verlieren droht: „Du muschd aufholen!“ Joshua Beer

(Foto: Marc Herold)

Mitten in … Übersee

Auf dem Weg nach Salzburg Halt in Übersee am Chiemsee. Idyllischer Bahnhof, sogar bei Regen. Zeit für eine ausführliche Betrachtung gibt es genug: Weichenstörung. Die allerdings, so das Versprechen, soll nur eine „geringfügige Verzögerung der Weiterfahrt“ verursachen. Noch bevor sich Unmut breitmachen kann, kommt die Durchsage: „Falls Se ene roochen wollen, können Se det vasuchen. Aber wenn det Signal vorne am Bahnsteig umspringt: Kippe aus und rin in Zug!“ Ein Lächeln erscheint auf vielen Gesichtern. Doch die Show ist noch nicht vorbei. Kurz darauf eine weitere Wortmeldung: „Kinder der Sonne, wenn ich euch schon erlaube, zu roochen, dann nicht direkt in der Tür!“ Als es nur wenig später heißt: „Festhalten, et geht weiter!“, ist man fast ein wenig traurig. Dem Mann hätte man gern noch länger gelauscht. Sogar um den Preis einer Verspätung. Michaela Pelz

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