
Wir möchten eine Plattform für unsere Künstler in Italien aufbauen und die Kontakte zu Museumsdirektoren sowie Privatsammlern vor Ort stärken. Mit dem Palazzo Belgioioso haben wir einen für Thaddaeus Ropac besonders passenden Standort gefunden. Da wir eine der großen Galerien in Mailand sein werden, schien uns für die erste Ausstellung eine Hommage an die Stadt angemessen. Der Pas de deux von Georg Baselitz and Lucio Fontana gleicht einer Museumsausstellung; nur rund ein Drittel der Werke stehen zum Verkauf. Die nächste Ausstellung werden wir Valie Export und Ketty La Rocca widmen.
Ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, um eine Galerie in Mailand zu eröffnen?
Anfang Juli wurde in Italien der Mehrwertsteuersatz auf Kunstverkäufe von 22 auf fünf Prozent gesenkt. Damit einher ging auch eine Reduzierung des Steuersatzes für Einfuhren von außerhalb der EU von zehn auf fünf Prozent. Das macht den italienischen Kunstmarkt zum derzeit wettbewerbsfähigsten in der gesamten Europäischen Union. Selbst der Mehrwertsteuersatz von 5,5 Prozent in Frankreich kann bei hochpreisigen Werken einen großen Unterschied machen. Großzügige Steuervergünstigung für Ausländer, die ihren Wohnsitz nach Italien verlegen, lockten zudem in den vergangenen Jahren neuen Reichtum nach Mailand.

Wie wirkt sich das auf den italienischen Kunstmarkt aus?
Dank des neuen Gesetzes wollen in- und ausländische Sammler vermehrt in Italien kaufen. Die Umsätze italienischer Galerien werden steigen und vermutlich weitere Gründungen nach sich ziehen. Italienische Auktionshäuser profitieren von der geringeren steuerlichen Belastung der Verkaufsprovisionen. Wir erleben auf dem italienischen Kunstmarkt momentan einen regelrechten Boom.
Warum ist insbesondere Mailand einen Hotspot für zeitgenössische Kunst und nicht etwa Rom?
Mailand ist insgesamt reicher, da die Industrie in der Lombardei und in Venetien angesiedelt ist. Außerdem leben die Mailänder mehr in Gegenwart und Zukunft. Da ganz Rom praktisch ein Freilichtmuseum ist – wie könnte man dort nicht lieber in Richtung Vergangenheit blicken? Zeitgenössische Kunst geht dahin, wo sich Geld und Avantgarde finden. Weil so viel neuer Reichtum ins vergleichsweise kleine Mailand fließt, haben allerdings die Immobilienpreise stark angezogen. Das macht es für Neuankömmlinge schwieriger, geeignete Räumlichkeiten zu finden.

Trotzdem hört man auch in Italien von bedeutenden Sammlern, die ihre Ankäufe vorerst einschränken. Woran könnte das liegen?
Während und kurz nach der Corona-Pandemie entstand eine Euphorie, ein Kaufrausch, welcher die Preise für Kunst hat ansteigen lassen. Diese Entwicklung verstehen die Sammler inzwischen, weshalb sie ihre Neuerwerbungen reduzieren. Deshalb sind Kontakte zu öffentlichen Institutionen für Galerien auch so wichtig: Sie mindern das Risiko und wirken der Bildung einer Marktblase entgegen.