
Sie sind seit zwei Jahren Direktorin der Urania. Was macht die Institution einzigartig?
Es ist ein Ort, an dem viele Themen, Sichtweisen, vor allem aber viele verschiedene Menschen zusammenkommen. In der Vergangenheit war es eine Institution des Berliner Westens, gut situiertes Bürgertum. Jetzt sind die Besucher deutlich jünger und kommen aus allen Bezirken, von Spandau bis Marzahn-Hellersdorf. Das ist ein Phänomen in Berlin: Für alle Berliner da zu sein, wo oft so stark nach Bezirken unterschieden wird.
950.000 Euro Förderung für diesen Ort wurden nun ausgesetzt. Wie haben Sie davon erfahren?
Wir haben erst unter der Hand erfahren, dass das beabsichtigt wird. Daraufhin sind wir auf den gesamten Ausschuss Bildung und die Fraktionsvorsitzenden zugegangen und haben dargelegt, warum wir eine Kürzung nicht verkraften. Später haben wir durch Pressevertreter eine Liste zugespielt bekommen, in der stand, dass man die Mittel einfriert und erst mal wartet, wie die neue Bundesregierung sich zu uns verhält. Eine schriftliche Mitteilung dazu haben wir dann erst am 12. März erhalten.

Zusammen mit dem Bund hat sich das Land Berlin 2021 darauf geeinigt, einen Umbau der Urania zu finanzieren. Was wird jetzt daraus?
Das Gute ist, dass der Bund begeistert von diesem Bauvorhaben ist und das Land auch. Das heißt, beide kofinanzierenden Stellen stehen weiter dahinter. Das ist das, was für uns zählt. Dass es eine Zukunft gibt, weil wir ab 2028 die Gebäude kernsanieren werden. Und ganz nutzbar machen – das sind sie derzeit nicht. Der Umbau wird mehr Veranstaltungen möglich machen und die Kosten senken, weil wir weniger externes Personal benötigen.
Sie sind dem Bildungssenat zugeordnet. Warum traf es ausgerechnet die Urania so hart? Ihre Mittel wurden im Herbst ja schon halbiert.
Wenn wir sagen: Was wir machen, ist wichtig, dann heißt es: Ja, aber Schulen sind auch wichtig. Das Traurige in dieser Stadt ist, dass die Institutionen gerade gegeneinander ausgespielt werden. Das finde ich höchst unanständig. Ich finde Schulen und Schulspeisung wichtig. Ganz unabhängig davon, dass ich selbst Kinder habe. Aber wenn man anfängt zu sagen, diese Bildung ist wichtiger als jene, und dem einen unterstellt, er würde dem anderen das Wasser abgraben, ist das kein fruchtbarer Boden für eine Debatte über Demokratieförderung in diesen Zeiten.
Wie wird sich die Kürzung dieses Jahr auf die Urania auswirken?
Wir stellen jetzt an verschiedenen anderen Stellen Anträge. Wir haben in den letzten zwei Jahren zu viel aufgebaut, um jetzt aufzugeben. Die Vermietung des Hauses für Veranstaltungen läuft weiter. Das heißt, ich werde die meisten der Mitarbeiter weiterhin bezahlen können. Für die anderen Positionen und auch für das Programm suchen wir jetzt nach Lösungen, auch unkonventionellen. Wir haben zum Beispiel einen Spendenaufruf gestartet. Aber das kann nur einer von vielen Ansätzen sein.
Was heißt das fürs Programm?
Wenn ich die Zuwendungen nicht mehr habe, kann ich es mir eigentlich nur noch leisten, richtige Big Shots einzuladen, bei denen der Saal garantiert voll ist. Das bedeutet eine Zuspitzung auf bestimmte Themen und Personen, was nicht zur Verbreiterung der Debatte beiträgt.
Bisher liegt unser regulärer Eintritt bei 8 Euro. Viele Menschen können zu uns kommen, ohne lange nachzudenken, und haben dabei eine Erwartungsoffenheit, die sie bei teureren Karten nicht hätten. Wir wollen Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Herkunft, Bildungshintergrund, Einkommensklasse, Altersklasse zusammenbringen. Ich will gerade keine spezifische Zielgruppe haben.
Gab es seitens der Politik Bedauern?
Klar kommt da Bedauern. Aber irgendjemand hat diese Entscheidung getroffen. Und von Bedauern kann sich die Berliner Stadtgesellschaft nichts kaufen, der jetzt ein Ort und ein Programm fehlen wird.