Der Umgang der International Tennis Integrity Agency (Itia) mit dem Dopingfall der fünfmaligen Grand-Slam-Gewinnerin Iga Swiatek hat viel Kritik in der Tennisbranche ausgelöst. Die Itia hatte die 23 Jahre alte Polin nach einem Positivbefund am 12. August dieses Jahres auf das Dopingmittel Trimetazidin (TMZ) vorläufig für 22 Tage suspendiert. Sie bewertete das Vergehen, nach Erklärungen Swiateks, aber als nicht schwerwiegend und verhängte nur eine Sperre von einem Monat; diese hat die Weltranglistenzweite bereits akzeptiert und rückwirkend verbüßt.
Swiatek hatte angegeben, ein in Polen erworbenes Schlafmittel eingenommen zu haben, das unwissentlich mit TMZ verunreinigt gewesen sei. Dies bestätigten offenbar Tests. TMZ wird etwa bei Durchblutungsstörungen des Herzens angewendet. Das Mittel stand bereits im Zentrum der Dopingaffäre um Chinas Schwimmer vor rund sieben Monaten.
Dopingfall Simona Halep
:Sie darf sofort wieder spielen
Überraschende Wende in einem komplexen Dopingfall: Der internationale Sportgerichtshof reduziert die Vierjahressperre von Simona Halep auf neun Monate. Die Rumänin hat damit die Strafe verbüßt – und will auf die Tennistour zurückkehren.
„Die Ausrede, die wir alle benutzen können, ist, dass wir es nicht wussten. Einfach nicht wussten. Profisportler auf höchstem Niveau können jetzt einfach sagen: Wir wussten es nicht“, schrieb der Tennisprofi Nick Kyrgios bei X. Der Australier hatte schon den Freispruch des Weltranglistenersten Jannik Sinner aus Italien im Spätsommer nach dessen Dopingfall massiv verurteilt.
Auch die deutsche Spielerin Eva Lys monierte den Ausgang des Verfahrens. „Ich fange langsam an zu denken, dass nicht jeder das gleiche Verfahren bekommt“, kommentierte die 22-Jährige bei X: „Es gibt viele Spieler mit niedrigerem Rang, die nicht die gleiche Behandlung erfahren wie Spieler mit höherem Rang. Ich sage nicht, dass jemand unschuldig ist oder nicht, ich sage, dass jeder die gleichen Chancen verdient.“
Der International Tennis Integrity Agency wird mangelnde Transparenz vorgeworfen
Hintergrund der Kritik ist, dass andere Profis in ähnlich gelagerten Dopingfällen entweder viel härter sanktioniert worden waren oder deutlich länger auf eine Klärung ihres Falles warten mussten. Manchmal traf auch beides zu, wie die frühere Weltranglistenerste Simona Halep erfahren musste. Die Rumänin war im Herbst 2022 auf den verbotenen Stoff Roxadustat getestet und vorläufig suspendiert worden; erst rund ein Jahr später verhängte die Itia eine Sperre von vier Jahren. Diese reduzierte schließlich der Internationale Sportgerichtshof (Cas) im März 2024 auf neun Monate, womit Halep sofort wieder spielberechtigt war. „Ich stehe da und frage mich, warum es so große Unterschiede in der Behandlung und Beurteilung gibt“, schrieb Halep bei Instagram: „Ich kann keine logische Antwort finden und glaube auch nicht, dass es eine geben kann.“ Sie unterstellte der Itia „böse Absicht“.
Auch ein anderer Fall, den Lys nochmals aufgriff, drängt den Verdacht einer Ungleichbehandlung bei Dopingfällen auf. „Was ist mit Spielern, die in Südamerika kontaminiertes Fleisch gegessen haben? Warum wurde Tara Moore nicht für einen Monat gesperrt?“, fragte Lys. Die Britin war nach einem Positivtest 2022 ebenfalls vorläufig suspendiert, aber erst 19 Monate später freigesprochen worden. Moore forderte die tragenden Tennisorganisationen auf, „die Itia und ihre Verfahren zu untersuchen, um einen faireren/offeneren Ansatz zu erreichen“.
Auch mangelnde Transparenz wird der Itia vorgeworfen, bei Sinner und Swiatek erfuhr die Öffentlichkeit erst nachträglich mit der Urteilsverkündung von deren Dopingfällen. Die Itia, hinter der die Profitouren der Männer (ATP) und Frauen (WTA), der Weltverband (ITF) sowie die vier Grand-Slam-Turniere stehen, beruft sich auf die Regel, erst Stellungnahmen zu Dopingfällen zu veröffentlichen, wenn ein Fall vor einem Gericht verhandelt wurde. Dass die Tennistouren kein großes Interesse daran haben, Dopingfälle von Spitzenspielern öffentlich breitzutreten, liegt nahe. So gesehen überraschte auch nicht, dass noch am vergangenen Mittwoch die WTA eine Liste mit Namen veröffentlichte, die zur Wahl als Spielerin des Jahres vorgeschlagen wurden. Iga Swiatek, die Anfang Juni die French Open gewann, steht auf der Liste.