Kriegt er seinen „Arc de Trump“? – Kultur

Vielleicht muss man sich als Einwohner von Washington irgendwann doch eingestehen, dass es in dieser Stadt eigentlich nichts richtig Schönes gibt. Und was ist mit dem Weißen Haus, könnte ein Einwand lauten, ist das nicht schön, jedenfalls schön weiß? Das Weiße Haus ist nicht schön, es ist halt das Weiße Haus, wie man es von zahllosen Hintergrundeinstellungen mit Ulrich Wickert, Eberhard Piltz, Claus Kleber und Elmar Theveßen kennt. Auch das Kapitol ist nicht schön. Es ist vielleicht ikonisch, aber, wie gesagt, unter einer schönen Stadt mit schönen Gebäuden stellt man sich eher München, möglicherweise Rom, ganz sicher aber Paris vor.

In Paris steht zum Beispiel der Arc de Triomphe de l’Étoile, den Napoleon 1806 in Auftrag gegeben hat. Der Kaiser der Franzosen hatte im Winter zuvor die russisch-österreichische Armee bei Austerlitz bezwungen, ein paar Monate nach der Grundsteinlegung sollte er dann bei Jena und Auerstedt siegen und damit Preußen in die Knie zwingen – von wo aus es dann übrigens eine schöne Gelegenheit bekam, sich mit zahlreichen Reformen im Militär-, Staats- und Bildungswesen wieder richtig fest auf die Füße zu stellen. Napoleon hat die Vollendung seines schönen Bogens nicht mehr erlebt, einmal, weil er zunächst nach Elba, dann nach St. Helena umziehen musste und zweitens, weil er 1821 gestorben ist, der Bogen aber erst 1836 fertiggestellt wurde.

Donald Trump hat eine gute Meinung von Napoleon. Vor einem halben Jahr zitierte er dessen berühmten Satz, nach welchem ein Herrscher, der sein Land schütze, gegen kein Gesetz verstoße. Und wie man weiß, hält sich der Präsident an diese jede Willkür rechtfertigende Maxime, obwohl sie vermutlich gar nicht von Napoleon stammt. Ähnlich wie Napoleon seine verhassten Gegner, die Jakobiner, am Schlafittchen packte, stellt Trump seinen verhassten Gegnern, den Demokraten, nach. Auch was den Geschmack der Interieurs angeht, herrscht Verwandtschaft zwischen den Seelen der beiden Männer, Trump hat das Oval Office inzwischen zu einer Art Foyer des Spätrokoko umbauen lassen. Was die beiden trennt? Napoleon war ein großer Leser: Voltaire, Goethe, Rousseau, Plato. Trump ist ein kleiner Leser, er liest hauptsächlich sein eigenes Buch: „Die Kunst des Erfolgs“.

Drei Größen stehen zur Auswahl: klein, mittel und groß

Aber ich wollte ja eigentlich über die Schönheit schreiben, und da könnte auf D.C. demnächst etwas Interessantes zukommen: ein Triumphbogen im napoleonischen Stil. Donald Trump hatte neulich ein paar Dutzend schwerreiche Amerikaner ins Weiße Haus eingeladen und ihnen drei Modelle eines Triumphbogens vorgestellt: einen kleinen, einen mittleren und einen großen. Nur Freunde künstlich erzeugter Spannung haben jetzt Lust zu raten, welchen Trump bevorzugt.

Ich glaube, dass es Washington guttäte, wenn es im kommenden Jahr einen solchen Triumphbogen bekäme. Es würde gewissermaßen auf eine symbolische Umkehrung der bisher geläufigen Triumphbogen-Symbolik hinauslaufen: Napoleon hat Pi mal Daumen sieben Kriege geführt, Trump hingegen hat seiner Zählweise zufolge sieben oder acht, vermutlich sogar neun oder elf Kriege beendet, wobei die Dunkelziffer noch größer sein dürfte. Der Präsident hat sich das Recht auf einen schönen großen Triumphbogen erwirtschaftet, und ein bisschen europäisches Flair tut gerade der Achse zwischen dem Lincoln-Memorial und der Verkehrsinsel gut, auf der das Monument, das die genialen Spötter der amerikanischen Presse jetzt schon „Arc de Trump“ nennen, stehen soll. Im kommenden Jahr feiert Amerika den 250. Jahrestag seiner Unabhängigkeit, worunter vermutlich bis dahin auch die Unabhängigkeit der USA von ihrer eigenen Verfassung zu verstehen sein wird. Ich hoffe aber, dann noch hier sein zu dürfen, damit ich bei der feierlichen Einweihung des Trumpbogens zugegen sein kann.

Aber man sollte nicht zu sehr spotten über das arme Amerika und seine stilistische und ästhetische Übernahme durch die Maga-Bewegung. Ich habe schon einmal in dieser Kolumne den behutsamen Versuch unternommen, das Äußere vieler Amerikaner, nein, nicht zu kritisieren, sondern regelrecht vorzuführen: die Shorts, die unschönen T-Shirts, die Gym-Hosen und Baseballkappen. Jetzt gibt es zum Glück schon einen Begriff für die Gegenmode, den Mar-a-Lago-Look nämlich, der streng und stark geschminkte Frauen kennt sowie Männer, die breitbeinig wie laufende Triumphbögen vor die Presse oder sonstwo hintreten. Es ist vermutlich ein Brauch von alters her: Wenn Politiker zu Herrschern werden, fühlen sie sich verpflichtet, auch die Menschen und Dinge, die sie umgeben, in ihren Wirkungsbereich zu ziehen.

Trump ist der Untermieter, den man nie haben wollte

Donald Trump ist ein bisschen so wie der Untermieter, den man für eine Weile ins Haus lässt, ohne zu ahnen, dass er seine Zeit dafür nutzen wird, das Haus nach seinen Vorstellungen umzugestalten. Den Rosengarten vom Weißen Haus hat der Präsident mit Beton und Steinplatten neu auslegen lassen, damit die Frauen mit ihren High Heels besser durch die Charity-Nächte kommen – es ist eine Melange aus Pragmatismus und Unverfrorenheit, wie man es von Trump und seinen Freunden nun einmal kennt. Andererseits trauert niemand wirklich dem Rosengarten nach, und die Goldapplikationen im Weißen Haus haben, wenn man ehrlich ist, auch keine innenarchitektonischen Meisterleistungen verdrängt.

In Washington kann man, wie gesagt, nicht allzu viel verkehrt machen, wenn man noch einmal kreativ an die Stadtachsen herangeht. Falls Trump im kommenden Sommer seinen persönlichen Triumphbogen bekommt, wird die Welt um Amerika herum und in Amerika selbst vermutlich noch ein wenig finsterer aussehen, als sie es schon in diesen Tagen tut. Es werden Leute in Gefängnissen sitzen, denen heute bereits der Prozess gemacht wird; in den Fernsehsendern wird es nur noch Mar-a-Lago-Gesichter geben, und die Late-Night-Show wird – nein, da muss man sich kein gequält-satirisches Casting ausdenken – natürlich von Donald Trump selbst moderiert. Er macht das ja ohnehin schon den ganzen Tag lang im Weißen Haus oder wo er sonst gerade steht. Was übrigens trotz allem im nächsten Jahr auch hundertprozentig stehen wird, ist der Freiheitsengel auf dem Trump-Bogen. Er wird aus Gold sein, wie das Zeitalter, in dem wir alle leben.