
Weil die gesetzlichen Krankenkassen Geldprobleme plagen, haben Politiker der Regierungskoalition von Union und SPD milliardenschwere Sparvorschläge für eine umfassende Gesundheitsreform im nächsten Jahr gemacht. So sollen etwa Patienten mehr zuzahlen. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, hält es für sinnvoll, gesetzlich Krankenversicherte stärker an den Kosten bei Arztbesuchen und Medikamenten zu beteiligen. „Eine Vollkaskomentalität steht im Widerspruch zur Wertschätzung medizinischer Leistungen. Deshalb darf es keine Denkverbote bei Praxisgebühr oder höheren Zuzahlungen geben“, sagte Stegemann der Bild-Zeitung. Entsprechende Schritte müssten in der Koalition diskutiert werden.
Zudem glaubt der CDU-Politiker, es könnten mehrere Milliarden Euro im Jahr eingespart werden, wenn ein sogenanntes Primärarztsystem eingeführt würde. Dabei sollen die Hausärztinnen und Hausärzte stets als erste Anlaufstelle für Patienten dienen und diese durch das Gesundheitssystem steuern. Facharztbesuche sind dann nur bei Überweisungen durch den Hausarzt möglich. „Ließe sich durch die Primärversorgung die Zahl der Arztkontakte um zehn Prozent senken, würde das eine Ersparnis von bis zu fünf Milliarden Euro jährlich bedeuten – wahrscheinlich etwas weniger“, sagte Stegemann.
SPD mahnt zu Beitrag von Ärzten, Krankenhäusern, Pharmaunternehmen
Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Christos Pantazis, sieht zudem hohes Einsparpotenzial bei der Reform des Rettungs- und Notfalldienstes: „Alleine die Reform des Rettungsdiensts würde Patientenströme effektiv steuern und könnte bis zu sechs Milliarden Euro pro Jahr einsparen.“ Gleichzeitig forderte Pantazis, die Belastungen einer Gesundheitsreform gerecht auf alle Beteiligten zu verteilen. „2026 braucht es tiefgreifende Reformen im Gesundheitssystem. Diese dürfen aber nicht nur zulasten der Patienten und Versicherten gehen. Jeder muss seinen Beitrag leisten: Ärzte, Krankenhäuser, Pharmaunternehmen„, sagte er der Bild-Zeitung.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger setzt auf Vorbeugung. In einer verbesserten Prävention sieht er mittelfristig Sparpotenzial in Höhe von mehr als zehn Milliarden Euro pro Jahr. „Vermeidbare Risikofaktoren wie Rauchen, Alkohol, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel treiben chronische Erkrankungen und belasten das Gesundheitssystem zunehmend“, sagte Pilsinger. Diese Entwicklung verschärfe sich durch demografischen Wandel, Fachkräftemangel und steigende Kosten. „Sicher könnte man mittelfristig durch bessere Prävention zehn bis 20 Milliarden Euro jährlich einsparen“, sagte der CSU-Politiker.
Die Bundesregierung will die gesetzliche Krankenversicherung im neuen Jahr reformieren. Ziel ist, die steigenden Versorgungskosten zu begrenzen und weitere Beitragserhöhungen zu vermeiden. Eine Expertenkommission soll bis März Vorschläge zur Stabilisierung der Beiträge vorlegen. Bis Ende 2026 sollen weitergehende Reformvorschläge folgen.
