Konzert von Sofia Isella in Berlin: Etwas Düsteres, das aber aufputscht

Es ist ein Rätsel: Musikmagazine und andere eigentlich Zuständige hierzulande haben die Musik von Sofia Isella, einer der interessantesten Pop-Künstlerinnen der letzten zwanzig Jahre, bislang kaum wahrgenommen. Während die Sängerin, Gitarristin, Pianistin, Violinistin und Videokünstlerin in England als Support-Act vor Taylor Swift gespielt hat und ihre Songs es auf ein paar Millionen Spotify-Klicks bringen, gibt es eine große und beim Konzert euphorisch laute Fanbase inzwischen auch in Deutschland. Sofia Isellas erstes Deutschlandkonzert fand am Dienstag im ausverkauften Metropol-Theater statt.

Das Publikum ist zu über 90 Prozent weiblich, und die üblichen Konzertquälereien bleiben entsprechend aus. Es wird nicht gerempelt und dominant gelärmt, und man kann seinen Drink abstellen und aufs Klo gehen, ohne Angst haben zu müssen, dass einem jemand K.-o.-Tropfen reinkippt. Sofia Isella spielt alleine Gitarre, Violine und Klavier; der Rest kommt vom Band.

In ihrer Musik verbinden sich Gothic-Pop, der Industrial Rock der neunziger Jahre und Neoklassik zu etwas Düsterem, das aber aufputscht – vielleicht, weil alle Intensitätserzeugung hier immer als allseitiges Empowerment verstanden werden will. In einigen Songs von Isella stecken mehr Ideen und Wendungen, als andere Künst­le­r*in­nen auf einem ganzen Album zustande kriegen.

Live funktionierte das nicht ganz so gut wie auf den beiden EPs „I¹m Camera“ und „I Can Be Your Mother“, die Ende des Monats zum ersten Mal auf Vinyl erscheinen. Was auch daran liegt, dass es im Metropol-Theater einfach zu leise ist und eine große Diskrepanz zwischen der Intensitätsperformance auf der Bühne und dem dünnen Sound im Saal herrscht.

Das Album

Sofia Isella: „I’m Camera l“ (EP), erschien am 23. Mai

Ihre Texte sprechen zu Frauen jeden Alters

Dem Publikum war es offensichtlich egal – mit Fug und Recht. Glaubt man den zahlreichen Kommentaren unter Isellas sehr durchgearbeiteter Social-Media-Performance auf Tiktok und Instagram, sprechen ihre Texte zu Frauen jeden Alters, egal ob 13 oder 48 – auch die, die sie mit gerade einmal 19 geschrieben hat. „Everybody supports women until a woman’s doing better than you / Everybody wants you to love yourself until you actually do“.

Die Performance wirkt auf eine konfrontative Weise perfekt. Wie überhaupt die Kunst von Sofia Isella, seit sie mit 15 ihre erste Musik veröffentlicht hat, auf eine schwer fassbare Weise nicht nur ausgeprägt formbewusst, sondern wirklich formvollendet ist. Es klingt und wirkt, als hätte die Künstlerin für ihre Kunst nie etwas suchen müssen.