Antwerpen, Rotterdam und Hamburg – über diese drei Häfen wird der Großteil des Kokains nach Europa geschmuggelt. Die Behörden wollen ihren Kampf gegen die Drogenkartelle besser koordinieren. Ein aktueller Gerichtsprozess und eine Fahrzeugkontrolle zeigen, wie vielfältig die Schmuggler vorgehen.
Im Kampf gegen Drogenschmuggel und organisierte Kriminalität verstärken die drei Hafenstädte Rotterdam, Antwerpen und Hamburg ihre Kooperation. „Wir müssen zusammenarbeiten, nicht nur als Städte, sondern mit der Polizei, mit Europol, mit dem Zoll und auch mit den Unternehmen“, sagte die Bürgermeisterin von Rotterdam, Carola Schouten, am Rande einer gemeinsamen Konferenz in Hamburg. Den Kriminellen müsse es so schwer wie möglich gemacht werden, die Häfen und Städte zu infiltrieren.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erklärte, die Polizei und Hafensicherheitsbehörden, der Zoll und die Staatsanwaltschaften der drei Städte berieten gemeinsam, wie sie durch eine effektive Kooperation den Drogenkartellen zeitgemäß entgegentreten könnten. Die Teilnehmer des „Three Ports Summit“ erörterten Drogenfunde und das Vorgehen der Kartelle und sprächen über Best-Practice-Konzepte (deutsch: Erfolgsmethoden), sagte Innensenator Andy Grote (SPD). Er betonte: „Wir wollen als die drei größten europäischen Häfen auf europäischer Ebene international mit einer Stimme sprechen.“
Im vergangenen Jahr waren nach Angaben von Europol mehr als 300 Tonnen Kokain in den Häfen der EU beschlagnahmt worden. Allein in Antwerpen stellten die Ermittler die Rekordmenge von 121 Tonnen Kokain sicher. In den Niederlanden wurden rund 60 Tonnen abgefangen. Der Hamburger Hafen ist der Brennpunkt des Kokainschmuggels in Deutschland. Nach Angaben des Zolls wurden im vergangenen Jahr dort 35 Tonnen sichergestellt.
Im vergangenen Februar waren die Bürgermeister von Hamburg, Rotterdam und Antwerpen gemeinsam nach Kolumbien und Ecuador gereist. Dabei hatten sie eine stärkere Zusammenarbeit im Kampf gegen die Drogenkriminalität vereinbart. Im Mai war in Hamburg ein Hafensicherheitszentrum eröffnet worden. Es soll die Kooperation zwischen Polizei, Zoll und der Hamburger Hafenbehörde HPA erleichtern. Die Gründung des Zentrums war im Oktober vergangenen Jahres im Rahmen des nationalen Sicherheitsgipfels in Hamburg vereinbart worden.
Ausweichen der Kartelle nach Hamburg befürchtet
Angesichts immer neuer Rekordmengen bei den Sicherstellungen befürchtet die größte deutsche Hafenstadt, dass die in Rotterdam und Antwerpen tätigen Drogenbanden ihre Aktivitäten an die Elbe verlagern. Der Drogenschmuggel habe sich bereits von Rotterdam nach Antwerpen verlagert, weil die niederländischen Behörden ihre Maßnahmen verstärkt hätten, erklärte Tschentscher. „Wir wollen in dieser Folge jetzt nicht der dritte Hafen sein, in den die Drogenbanden ausweichen.“ Die Drogenkartelle gingen immer den Weg des geringsten Widerstands.
Erste Ausweichbewegungen auf kleinere Häfen seien bereits zu bemerken, sagte Grote. Die Behörden wollten den Druck auch über technische Neuerungen weiter hochhalten. Als Beispiel nannte der Innensenator zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen beim Abholen der Container aus den Hafenterminals. Eine Pin genüge nicht mehr, es sei ein kompliziertes Prüfverfahren erforderlich.
Warnung vor Niederlage
Erst Ende September war der Hamburger Polizei ein Schlag gegen die Drogen-Mafia gelungen. Die Beamten stellten im Stadtteil Rothenburgsort mehr als zwei Tonnen Kokain sicher und nahem zwölf Verdächtige fest. Das Kokain hatte nach Angaben der Polizei einen Straßenverkaufswert von rund 100 Millionen Euro.
Im Oktober hatte Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt Alarm geschlagen. „Die Welt läuft Gefahr, den Kampf gegen die transnationale organisierte Kriminalität zu verlieren“, sagte Stock der Deutschen Presse-Agentur in New York. Das Potenzial dieser Banden, „sogar Industrieländer zu destabilisieren, zum Beispiel auch in Europa, hat ebenfalls beispiellose Ausmaße angenommen“.
Kapitän eines Fischkutters verurteilt
Manchmal werden Täter auch geschnappt: In einem Prozess um Beihilfe zum Schmuggel von rund einer Tonne Kokain hat das Landgericht Oldenburg jetzt den Kapitän eines Fischkutters sowie einen Helfer zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Gegen den 50-jährigen Kapitän des Kutters aus den Niederlanden verhängte es nach Angaben eines Sprechers am Dienstag vier Jahre und drei Monate Haft, gegen dessen 46-jährigen Komplizen vier Jahre Haft.
Nach Feststellungen des Gericht sollten beide Männer im März im Auftrag von Hinterleuten der internationalen Drogenmafia versuchen, das von Bord eines Frachtschiffs vor der Insel Spiekeroog in die Nordsee geworfene Kokain zu bergen. Der Frachter verspätete sich und konnte die abgesprochene Position nicht erreichen, weshalb die Männer das Rauschgift nicht fanden. Es wurde laut Ermittlern später mutmaßlich von anderen Täter aus dem Wasser geholt.
Nach Angaben des Gerichtssprechers dienten unter anderen Chatnachrichten, mit denen die Bergung der schwimmfähigen Drogenpakete koordiniert wurde, als Beweismittel. Der 46-jährige Komplize räumte die Vorwürfen demnach in dem Prozess auch ein. Beide Angeklagte wurden wegen Beihilfe zur Einfuhr und zum Handeltreiben mit Drogen in erheblicher Menge schuldig gesprochen.
Drogenfund in Kofferraum
Und auch hier wurde die Polizei am Dienstag fündig: Bei einer Routinekontrolle an der A7 bei Schleswig haben Ermittler einer gemeinsamen Fahndungsgruppe von Zoll, Landes- und Bundespolizei im Kofferraum eines Autos 21 Kilogramm Kokain entdeckt. Der 24 Jahre alte Fahrer des Wagens und seine vier Jahre ältere Beifahrerin hatten den Ermittlern bei der Kontrolle am Sonntag gesagt, das Fahrzeug von einem Freund geliehen zu haben, wie das Hauptzollamt Kiel heute mitteilte. Die Frage, ob sie verbotene oder zu versteuernde Waren bei sich hätten, verneinten die beiden demnach.
Bei der Überprüfung des Kofferraums fanden die Ermittler jedoch 21 Päckchen mit je einem Kilogramm Kokain. Der Straßenverkaufswert liegt nach Angaben des Hauptzollamtes bei knapp 1,5 Millionen Euro. Die Drogen wurden sichergestellt. Der Mann und die Frau kamen in Untersuchungshaft. Es ist den Angaben zufolge der bisher größte Fund für die im Jahr 2000 gegründete Fahndungsgruppe Autobahn (GFA).
lno/jlau