Klimaschutz im Koalitionsvertrag: Lasst es den Markt regeln!

In der Politik gibt es oft einen großen Unterschied zwischen dem, was eine Regierung will, und dem, was sie kann. Beim nie eingeführten Klimageld lässt sich das besonders gut beobachten. Das wollten zuerst auch alle, der Staat konnte es den Bürgern aber zunächst nicht überweisen (rein technisch gesehen). Dann konnte er es auszahlen, aber jetzt will es keiner mehr. Kein Wort dazu im Koalitionsvertrag.

Das ist erstaunlich, weil sowohl Union als auch SPD den Bonus im Wahlkampf versprochen hatten – wenn auch unter unterschiedlichen Namen. Gemeint war das Gleiche: Weil der Wandel hin zum klimaneutralen Deutschland zunehmend teurer wird, will der Staat den Bürgern etwas zurückgeben. Maßgeblich dafür ist der CO₂-Preis. Den zahlen alle auf fossile Brennstoffe, also etwa beim Tanken oder beim Heizen. Die Abgabe soll klimaschonende Alternativen wie E-Autos oder Wärmepumpen attraktiver machen. Anfang des Jahres ist der CO₂-Preis von 45 Euro auf 55 Euro pro Tonne CO₂ gestiegen. An den Tankstellen war das deutlich spürbar, der Preis für einen Liter Benzin oder Diesel stieg um etwa drei Cent.

Keine Ausreden mehr

Nun führen Politiker meist diese eine, scheinbar immerzu passende Antwort an, wenn sie die Kluft zwischen Können und Wollen erklären müssen: Natürlich, es fehlt das Geld. Auf die Ampelregierung mit ihren großen Sparzwängen mag das tatsächlich noch zugetroffen haben. Trotzdem hat Ex-Finanzminister Christian Lindner als letzte Amtstat sein Ministerium einen Mechanismus erarbeiten lassen, mit dem künftig Direktüberweisungen vom Staat an die Bürger möglich sind. Das muss man ihm lassen.

Schwarz-Rot, mit dem milliardenschweren Sondervermögen im Rücken, nimmt das aber keiner mehr ab. Zumal der CO₂-Preis in den nächsten Jahren weiter steigen wird und damit auch die Einnahmen für den Staat.

Jetzt wird die künftige Regierung wahrscheinlich dagegenhalten und darauf hinweisen, man entlaste die Menschen ja schon, plane dafür hohe Summen ein: Der Strompreis soll runter, die Pendlerpauschale rauf, der vergünstigte Agrardiesel für Landwirte wieder eingeführt werden. Das stimmt. Aber es ist der feige Weg, jener der Umverteilung. Der Effekt ist nicht derselbe – er ist sogar kontraproduktiv und untergräbt das Ziel der CO2-Abgabe.

Denn der Reiz von CO2-Preis und Klimageld liegt gerade darin, dass sie Klimaschutz marktwirtschaftlich organisieren. Die CO₂-Abgabe verteuert umweltschädliches Verhalten für jeden Einzelnen: Wer besonders viele Emissionen verursacht, zahlt mehr. Wenn der Staat die Einnahmen dann auch wieder ausschüttet – an jeden Bürger denselben Betrag –, profitieren jene am meisten, die wenig Emissionen verursachen. Es wäre auch gerecht: Denn für Geringverdiener bedeutet der CO₂-Preis eine viel größere Belastung als für Besserverdienende.

Der staatlich subventionierte Strompreis und die Pendlerpauschale hingegen führen dazu, dass die Menschen mehr Auto fahren und mehr Energie verbrauchen. Wenn die Regierung es ernst meinen würde mit dem CO₂-Preis, bräuchte es keine teure staatliche E-Auto-Prämie oder Zuschüsse für den Agrardiesel. Sie würde den Preis wirken lassen, was den Menschen automatisch die Lust auf Verbrenner nehmen würde.

Es gibt ein Hintertürchen

Schwarz-Rot hat diese Chance vertan. Das ist bitter, gerade in diesen Zeiten, da der Klimaschutz von den zahlreichen Krisen überlagert wird und um Aufmerksamkeit kämpfen muss. Den Menschen steckt immer noch die Debatte um das Heizungsgesetz in den Knochen, der Frust über steigende Preise ist groß und die AfD macht weiter Stimmung gegen Windräder. Gerade im Osten, wo viele Menschen Wind- und Solarparks vor der Haustür haben, verfängt das. Wie versöhnlich wäre es da, wenn sie plötzlich eine Überweisung vom Staat auf dem Konto hätten, Verwendungszweck: Ihr Klimageld. Nahbarer lässt sich kaum erleben, dass der Staat nicht bloß nimmt – sondern auch bereit ist, zu geben.

Ein Hintertürchen hat sich die künftige Koalition glücklicherweise offen gelassen: „Die CO₂-Einnahmen geben wir an die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zurück“, heißt es im Koalitionsvertrag. Das klingt wenigstens ein bisschen nach Klimageld. Man kann nur hoffen, dass Union und SPD sich auf ihre Wahlversprechen zurückbesinnen. Sie können, sie müssen nur auch wollen.