Für sie: Brave Bombe
Die Bomberjacke hat einige Metamorphosen hinter sich. In den 50er-Jahren von der Firma Dobbs für die US-amerikanische Luftwaffe entwickelt, mit Ärmeltasche für Zigaretten und einer orangefarbenen Innenseite als Warnwestenersatz, gerieten ausgemusterte Teile später an ganz normale Leute, wurden erst zur Uniform von Skinheads und Anfang der Nullerjahre dann von Avantgardisten wie Raf Simons und Helmut Lang zum Designerstück umgedeutet. Neuerdings wird sie auch von Parteivorsitzenden auf Parteitagen der Grünen getragen. Natürlich gingen gleich die Spekulationen los, ob Franziska Brantners modische Entscheidung zur Kriegsjacke eine bewusste gewesen sei. Der gelungene schwarze Rollkragenpulli darunter lässt das noch vermuten, die Kombination mit grauer enger Jeans und einem cognacfarbenen Gürtel aber verrät dann doch die Bundesvorsitzende.

Sie ist nicht berühmt für symbolische Mode, sondern eher für das, was brave, mittelalte Leute tragen, die lässig rüberkommen wollen: Jeansjacken und aufgeknöpfte, aber unaufregende Blusen. Die Jacke also ist nur eine logische Konsequenz ihres Stils und des Stils ihrer Wähler, denn der Bomber ist ja überall längst im städtischen Establishment angekommen, jeden Tag zu sehen bei Kindergarten-Drop-Offs und in Büros. Kann man die Bomberjacke also gar nicht mehr tragen? Doch, natürlich schon, aber bitte nicht in der eigenen Konfektionsgröße, sondern viel größer, und auf keinen Fall zu Jeans und Turnschuhen. Wer nicht alleine eine alternative Styling-Idee findet, sollte sich mit seiner bürgerlichen Existenz einfach abfinden.
Für ihn: Tatütataa
Spontane Reaktion: Das ist doch KI! Jacke und Träger wirken auf den ersten Blick irgendwie künstlich zusammengesetzt. Aber dann fällt einem ein, dass Herr Dobrindt ja Innenminister ist und damit auch oberster Dienstherr der Polizisten. Deshalb hat dieses Bild gar nichts mit künstlich oder gar Intelligenz zu tun. Nein, das ist einfach sein tenue de ville, wenn es zu einem Termin bei der Polizei geht, in diesem Fall hat Dobrindt dort die Bemühungen rund um die Drohnenabwehr besichtigt.

Solch thematische Einsatzkleidung kennt man von Politikern, wenn sie im Außendienst sind. Beim Volk sehr beliebt ist ja etwa auch die blaue Jahrhunderthochwasser-Regenjacke mit Staatskanzlei-Logo von Markus Söder. An Christine Lambrecht beim Truppenbesuch erinnert man sich ebenfalls noch oder besser gesagt, nicht an sie, aber an ihre damalige Ausrüstung im vollflächigen Camouflage-Look. Die Absicht hinter diesen Outfits ist klar – modische Assimilation als rückenstärkende Maßnahme. Als er noch Verkehrsminister war, fiel Dobrindt vor allem mit seinen großkarierten Sakkos und anderen Mode-Sperenzchen auf, die er sich feixend erlaubte – ein modischer Verkehrsminister war ja so ungefähr das größte denkbare Oxymoron, eine laufende Antithese. Als Innenminister nun sind seine Anzüge und Krawatten etwas seriöser geworden. Das ist nur folgerichtig, in dem Ressort sind die Themen aufregend und großkariert genug, da muss man nicht selbst noch als Minister für Unterhaltungswert sorgen. Die Polizeijacke sollte im Sinne der Ernsthaftigkeit deshalb auch eine Ausnahme bleiben. Denn irgendwie erinnert alles, wo Polizei draufsteht aber keine Polizei drin ist, doch immer an Kinderfasching.
