
Mitten in … Berlin
Eine eiskalte Nacht in Berlin. Vor dem Kitkatclub, bekannt für seine sexpositiven Partys, reihen sich die Menschen. Hier kommt nur rein, wer passend gekleidet ist. Also möglichst wenig und das in Spitze, Lack und Leder. Ein junger Mann passt mich im Vorbeigehen ab, unter seinem offenen Ledermantel ist mehr Haut als Stoff zu sehen. „Kannst du mir mal kurz helfen?“ Er deutet auf sein Lederhalsband. Ob ich ihm das vielleicht etwas lockerer machen könnte, er bekomme kaum Luft. Eigentlich wollte ich mit meinem Döner nur schnell heim aufs Sofa, jetzt lockere ich dem Ledermantel-Mann das Halsband. Der schlägt vor: „Weißt du, wir könnten die Nacht zusammen im Club verbringen …“ Ich überprüfe noch mal, ob das Halsband sitzt, damit er auch in anspruchsvollen Situationen atmen kann, und winke ab. In Vorfreude auf Döner und Sofa. Sina-Maria Schweikle

Mitten in … Seoul
Dieser Reportereinsatz bei der rechtsradikalen Demonstration für Südkoreas suspendierten Präsidenten Yoon Suk-yeol nervt. Nationalistengeschrei, einfältiges Fahnengeschwenke. Und dieser Youtuber, der das Theater treu ergeben abfilmt, ist kein Gesprächspartner, auf den man gerne wartet. Aber man muss ihn halt fragen, wie er auf seine Verschwörungstheorien kommt. Also Geduld. Was zu essen wäre nicht schlecht. Ein paar Hundert Meter die Straße runter ist ein Supermarkt. Ob man da nicht schnell … Nein. Doch. Nein. Es dauert ja nicht lange. Eine halbe Stunde später ist der Reporter satt. Aber die Demonstration ist zu Ende, der Youtuber weg. Die Recherche soll am Heißhunger auf Kartoffelchips gescheitert sein? Peinlich. Das Interview klappt dann doch, weil der Youtuber zufällig noch in der Nähe ist. Das ist das Glück des Verfressenen. Thomas Hahn

Mitten in … München
Ich versuche noch, der jungen Frau auszuweichen, doch sie steuert direkt auf mich zu. „Entschuldigung“, sagt sie, „kannst du kurz die Mütze aufsetzen?“ Und ehe ich mich versehe, habe ich eine dünne, beige Baumwollmütze in der Hand. Die ist mir doch viel zu klein, schießt es mir noch durch den Kopf, und während ich das Mützchen hin und her wende und überlege, welchen Vorteil sich die Frau von dem Ding auf meinem Kopf verspricht, höre ich mich auch schon schlicht fragen: „Warum?“ Mein Gesichtsausdruck muss ähnlich schlicht ausgesehen haben. „Ohne ist es dann doch noch ein bisschen kalt“, sagt sie und dreht sich ein wenig zur Seite, sodass die Trage auf ihrem Rücken sichtbar wird, aus der mich ein fröhliches Gesichtchen anschaut. Und während wir herzhaft lachen müssen, lässt sich das Baby bereitwillig seine Mütze aufsetzen. Veronika Wulf
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