KI-generierte Serie bei Joyn: Ganz schlimm – Medien

Ein mittelalter, bärtiger Mann – Hut, Samtweste und Lederhose weisen auf eine alpennahe Herkunft hin – ist zu Besuch in New York. Direkt vor der Freiheitsstatue stehend, nimmt er einen genüsslichen Schluck Bier. Dann folgt ein Rülpser von so verheerender Lautstärke und Kraft, dass das amerikanische Wahrzeichen in tausend Teile zerspringt. Wer durchs österreichische Privatfernsehen zappt, könnte unfreiwillig Zeuge dieses fatalen Unfalls werden. Aber keine Sorge: Das ist nur „Satire“. Und KI.

Pro Sieben Sat 1 Puls 4 präsentiert in diesen Tagen „das erste rein KI-generierte Satireformat“. Das Gute: Folge eins dauert nur drei Minuten und achtzehn Sekunden. Das Schlechte: alles andere. In „kudlmudl.ki“ reihen sich kurze Clips aneinander wie im Social-Media-Feed eines Bierbauch-Bernds oder einer Erika mit frecher Frisur. Selbst das Wasserzeichen in der linken unteren Bildecke, ein Lach-Emoji in den Farben der Österreichflagge, erinnert an eine Facebook-Seite mit unterdurchschnittlich witzigen Beiträgen. Der charmant-rustikale Look wird komplettiert durch Wasserzeichen von KI-Video-Programmen, die ab und zu in der Ecke unten links aufblitzen. Veo und Gemini von Google lassen grüßen.

Influencerin Sissi und Gamer-Kaiser Franz sind dabei, aber auch ein Nachbarschaftsstreit zwischen Igel und Murmeltier

Ähnlich wie bei einem vom Algorithmus zusammengewürfelten Feed ist auch die Clip-Auswahl thematisch wild: Vor der Bierkatastrophe geht es um Influencerin Sisi und ihren Gamer-Kaiser Franz, danach um einen Nachbarschaftsstreit zwischen Igel und Murmeltier. Ist das Spaß für die ganze Familie? „kudlmudl.ki“ ist Trash allerhöchster Güteklasse, in mittlerweile fast schon kuschelig vertrauter KI-Optik: Schriftzüge verschmieren hier und da zu unleserlichem Kauderwelsch, Fernsehmoderatorinnen haben unnatürlich glatte Haut und gleich zu Beginn warnt ein virtueller Moderator, es könne vorkommen, dass Personen ein oder zwei Finger zu viel hätten.

Alle Schritte, inklusive der Endauswahl der „besten“ Clips erfolgen „unter voller menschlicher Kontrolle“, heißt es in einer Pressemitteilung zum Serienstart. Das bedeutet: Irgendwo in Österreich sitzen tatsächlich Menschen, die diese Shitparade für gut befunden haben. Das ist vielleicht das Gruseligste an dem ganzen Projekt, vielleicht aber auch das Komischste.

Das Format soll Inhalte bieten, die „in dieser Form ohne KI nicht möglich wären“, heißt es in der Beschreibung auf Joyn. Nach dem Ansehen der ersten Folge stellt sich vor allem eine Frage: Was genau daran wäre Menschen nicht möglich gewesen? Die explodierende Freiheitsstatue? Der sprechende Igel? Die Straßeninterviews? Oder doch die zwölf lächerlich ähnlich aussehenden Arzt-Darsteller? Animation, Special Effects, Schauspieler – es soll Menschen geben, die damit schon seit Jahrzehnten höchst professionell ihr Geld verdienen. Die zu beauftragen, wäre vermutlich nur teurer gewesen.

Und eine weitere Frage drängt sich auf: Wäre es denn so schlimm, wenn es diese Inhalte nie gegeben hätte? Vieles wäre ja zu verzeihen, wenn die Witze wenigstens zünden würden. Das tun sie aber nicht. Nichts ist überraschend, da ist kein Wortwitz, kein Bildwitz, keine schlau eingewobene Metaebene. Oder vielleicht ist am Ende genau das die Satire: dass KI selbst in einer Kunstform, die eigentlich jede Regel und Konvention brechen darf, immer berechenbar und plump bleiben wird.

Mit jeder Sekunde Laufzeit steigt also das Bedürfnis, den gerade verbrauchten Speicherplatz im Kurzzeitgedächtnis mit ein paar alten Folgen „Switch reloaded“ zu überschreiben. Das war zwar auch nicht immer witzig. Aber wenigstens menschlich.