
15 Prozent durchschnittliche Preiserhöhung für das Jahr 2024, noch einmal 15 Prozent für die Verträge, die im Jahr 2025 gelten – damit hat Deutschlands größer Autoversicherer HUK-Coburg in den vergangenen zwei Jahren auf rapide steigende Schadenzahlen, höhere Ersatzteilpreise und extrem hohe Werkstattkosten reagiert.
Es deutet einiges darauf hin, dass Autofahrerinnen und Fahrer für das kommende Jahr erneut mit Erhöhungen rechnen müssen. HUK-Coburg-Vorstand Jörg Rheinländer glaubt zwar nicht, dass die Zahl der Schäden im laufenden Jahr deutlich steigen wird, eher im Gegenteil. Aber: Der Aufwand für Ersatzteile und Reparaturen steigt kräftig. „Die Ersatzteilpreise hängen mit den Problemen der Automobilindustrie zusammen“, sagt Rheinländer. Wenn die allgemeine Gewinnsituation mies ist, schlagen die Hersteller gerne bei den Preisen für Ersatzteile drauf.
Dazu kommen exorbitante Steigerungen der Stundensätze in Werkstätten. Die HUK-Coburg kennt Beispiele, bei denen Reparaturbetriebe Lackierarbeiten mit 400 Euro und mehr pro Stunde abrechnen. Noch sei es sehr früh im Jahr, sagt Rheinländer. „Aber wenn wir weiter die Steigerungen beim Schadenbedarf haben werden, werden wir das erneut weitergeben.“
Mit 14 Millionen versicherten Fahrzeugen ist die HUK-Coburg zusammen mit ihrem Online-Versicherer HUK24 mit weitem Abstand Marktführer. Auf Platz zwei findet sich die Allianz mit weniger als zehn Millionen Fahrzeugen.
Die HUK hat mit 8,5 Prozent Kosten für Vertrieb und Verwaltung einen unschlagbaren Vorteil gegenüber den Rivalen. Denn im Marktschnitt betragen die Kosten 17 Prozent der gezahlten Prämien. Die HUK verkauft online und über mäßig bezahlte Vertrauensleute, das ist günstig. Sie meidet grundsätzlich teure Vergleichsportale wie Check24 und Versicherungsmakler.
Damit die Kosten niedrig bleiben, wollen Unternehmenschef Klaus-Jürgen Heitmann und seine Kollegen das Unternehmen noch stärker auf Digitalisierung trimmen. Die 10 000 Arbeitsplätze – davon 5000 in Coburg – sollen davon nicht negativ berührt werden, die Zahl bleibe stabil, sagt Heitmann.
Trotz des Kostenvorteils gegenüber der Konkurrenz erlebte das Unternehmen 2023 ein düsteres Jahr. Für Kosten und Schäden mussten die Coburger 113,4 Prozent der Beitragseinnahmen ausgeben, ein heftiges Defizit war die Folge. Besonders kränkend für das selbstbewusste Management: Mit 111 Prozent Schaden- und Kostenquote machte der Gesamtmarkt zwar auch einen Verlust, aber es ging ihm besser als dem Branchenprimus aus Franken.
2024 stimmt aus Sicht der HUK die Welt wieder. Nach den massiven Erhöhungen konnte der Versicherer die Quote auf 101,7 Prozent verbessern, für den Markt werden 104 Prozent erwartet.
Die HUK-Coburg hat die Preise für 2024 um rund drei Prozentpunkte stärker erhöht als die meisten Konkurrenten. Die Folge: Preisbewusste Kunden verließen den Versicherer. Die Gruppe musste 1,7 Millionen Kunden neu gewinnen, um unter dem Strich einen ganz mageren Anstieg bei der Zahl der versicherten Fahrzeuge um rund 100 000 Stück auf 14 Millionen hinzukriegen.
Die HUK versucht mehr zu sein als eine Versicherung
Offenbar stottert der Wachstumsmotor HUK-Coburg. Die Gesellschaft denkt deshalb über Zukäufe und Übernahmen nach. „Der Markt ist ja gerade in Bewegung“, sagte Konzernchef Heitmann. Wenn kleinere Autoversicherer keine Freude mehr an dem Geschäft haben, kann sich die HUK vorstellen, den Vertragsbestand zu übernehmen.
Der Markt polarisiere sich zwischen kleinen und großen Gesellschaften, sagte Heitmann. Ein großer Bestand kombiniert mit sauberen Datenmethoden führe dazu, dass ein Versicherer bei den Preisen anders agieren könne. „Ein weiterer Vorteil von Größe ist natürlich die Professionalität der Schadenorganisation“, ergänzte er. Außerdem habe ein großer Versicherer eine andere Nachfragekraft. „Das ist aktuell ein ganz großes Thema bei der Werkstattbindung.“ Das sind Tarife, bei denen Kunden zustimmen, gegen Beitragsreduzierung ihre Unfallschäden in Vertragswerkstätten reparieren zu lassen. Bei diesen Werkstätten könne die HUK-Coburg „etwas bremsend“ auf die Preise einwirken.
Außerdem versucht die Gesellschaft, im Segment Gebrauchtwagen mehr zu sein als nur ein Versicherer. In Düsseldorf betreibt der Konzern mit mäßigem Erfolg einen Gebrauchtwagenhandel. Vor Kurzem hat er die Reparaturkette Pitstop gekauft. Das Kalkül dahinter: Der Kunde soll die HUK als Mobilitätsdienstleister wahrnehmen. Für Unfallreparaturen wird Pitstop allerdings nicht eingesetzt, die Kette ist eher auf Reifenwechsel oder Auspuffarbeiten spezialisiert.
Heitmann sagte, die Gruppe schaue „sehr positiv“ auf das Jahr 2025. Allerdings gebe es weltweit Unsicherheiten. Und niemand wisse, wie sich der Automobilmarkt unter den neuen Vorzeichen weiterentwickelt.