
Pferdewissenschaftler haben herausgefunden: Reiten lehrt Empathie, hält fit, stärkt das Selbstwertgefühl und die Sozialkompetenz. Pferdeskeptiker fragen sich dagegen: Gut und schön, aber muss ich dafür unbedingt auf so ein riesiges Tier steigen, das keinen Lenker, keine Bremse und keinen An- und Aus-Knopf hat? Fühlt es sich nicht auch großartig an, wenn man auf dem Sattel eines Fahrrads oder Mopeds hockt und statt eines gigantischen Huftiers einen handlichen Hund als Kuschelkumpan hält?
Als Nichtreiter kann man Pferdemenschen nur dafür bewundern, wie sie ein 500 Kilo schweres Muskelpaket zum Traben, Springen und Galoppieren bringen, nur durch einen leichten Schenkeldruck. Man kann Respekt vor einem Vollblutaraber haben, man kann eine Herde Haflinger auf einer Almwiese pittoresk finden, aber muss man auf diesen schnaubenden Riesen reiten? Nicht unbedingt. Pferde haben ihren eigenen Sturschädel, es kann zu Stürzen, Bissen, Tritten und Verletzungen kommen.
Eine Erfindung aus Japan richtet sich nun an Leute, die eher Maschinen als Tieren vertrauen: Kawasaki Heavy Industries hat gerade Corleo präsentiert, einen Vierbeiner. Er sieht aus wie eine Kreuzung aus Pferd, Löwe und Moped. Anstelle eines Pferdekopfs hat das Ding einen schnittigen Windabweiser und ein Cockpit wie eine 125-er Kawasaki. Corleo wird nicht mit Gashebel und Lenker gesteuert, sondern wie ein echtes Pferd, körpersprachlich durch Gewichtsverlagerung und sanften Druck.
Kawasaki hat das Robo-Ross gerade auf der Expo 2025 in Osaka einreiten lassen. Im Gegensatz zum Hauspferd, das schon vor 5000 Jahren domestiziert wurde und weltweit brav seinen Dienst tut, ist Corleo keineswegs einsatzbereit und serienreif. Die Konstruktion wirkt abenteuerlich. Der Sattel schwebt über dem Hinterteilgelenk, computeranimierte Bilder zeigen, wie die Hightech-Kreatur Hänge hinaufkraxelt und über Schluchten springt. Nachts projiziert Corleo Leuchtpfeile auf den Boden, um dem Reiter zu zeigen, wo es langgeht. Bisher lief das beim Reiten eher umgekehrt, im Idealfall wenigstens.
Was ist der Vorteil gegenüber einem echten Reittier? Ausmisten, striegeln und Hufpflege kann man sich sparen. Statt Pferdeäpfeln scheidet Corleo nur Wasser aus. Er frisst kein Heu, sondern wird mit Wasserstoff gefüttert, als Antrieb ist ein 150-Kubikzentimeter-Hydrogen-Motor eingebaut. Der Cyborg-Zentaur verfügt über austauschbare Gummihufe, Stoßdämpfer, Bewegungssensoren und künstliche Intelligenz. Man kann nur hoffen, dass die Pferde-KI nicht zu selbstbewusst wird, heimlich Karate übt, Transformer-Filme schaut und dann actionhaltige Tiktok-Videos dreht. Yeehah!
Bevor Motorpferde-Freaks nun ihre Garage in einen Robo-Pferdestall umbauen und schon mal eimerweise Wasserstoff kaltstellen, muss man ein deutliches Stoppsignal geben: Brrrrr! Corleo ist bislang nur Teil einer Konzeptstudie für das Jahr 2050. Ob es dann noch Menschen gibt, die auf dem Ding reiten wollen? Vielleicht sollte Kawasaki angesichts der demografischen und weltpolitischen Entwicklungen parallel zum Robo-Ross auch Robo-Reiter entwickeln.