
Der Doping-Opfer-Hilfeverein e.V. (DOH) hat ehemalige Sportler und Sportlerinnen, die trotz einer Doping-Vergangenheit in der Öffentlichkeit geehrt werden sollen, zu einem „offenen Umgang mit ihrer Geschichte“ aufgefordert. „Es ist dafür (…) nie zu spät. Wir vom Doping-Opfer-Hilfe-Verein rufen deshalb Anke, Katrin, Grit und all den anderen Mut zu, Euch jetzt offen und ehrlich zu Eurer Geschichte zu bekennen. Werdet dadurch Vorbild gebende Zeitzeugen“, heißt es in einer Erklärung des DOH, die der F.A.Z. vorliegt.
Unter dem Titel „Ehrung kommt von ehrlich“ spricht der Verein den sogenannten „Walk of Sport“ in Neubrandenburg an, der mit Gedenksteinen zur Erinnerung an die Leistung von Athleten des SC Neubrandenburg gepflastert ist und wird.
Die Stadtvertretung hatte der Ehrung der einstigen Siebenkämpferin Anke Behmer, die vom Staatsdoping der DDR erfasst und von der Stasi als Inoffizielle Mitarbeiterin geworben worden war, zugestimmt. Sie fand Ende März statt. Fragen der F.A.Z. wollte die Gewinnerin der Bronzemedaille bei den Sommerspielen in Seoul 1988 nicht beantworten. Die meisten Parteien der Stadtvertretung reagierten nicht.
Inzwischen sollen – abgesehen von der AfD – alle Parteien einem Antrag, auch die ehemaligen Sprinterinnen Katrin Krabbe und Grit Breuer mit einem Gedenkstein im „Walk of Sport“ zu ehren, zugestimmt haben. Die beiden stiegen nach der Wiedervereinigung zu Stars der Leichtathletik auf.

Ihre Suspendierung nach der Abgabe identischen Urins während einer Doping-Kontrolle in Südafrika Anfang 1992 wurde aus formalen Gründen aufgehoben. Im Sommer sperrte sie der Deutsche Leichtathletik-Verband wegen „Medikamentenmissbrauchs“, nachdem Spuren des Kälbermastmittels Clenbuterol in ihren Kontrollen gefunden worden waren. Die Substanz stand unter anderem auf der Dopingliste des Internationalen Leichtathletik-Verbandes.
Der DOH kritisiert in seiner Erklärung „all diejenigen Neubrandenburger, die sich heute noch im verengten Blick auf Titel und Medaillen dem gebotenen offenen Umgang mit ihrer Geschichte entziehen“. Eine Erläuterung der Hintergründe, wie sie etwa in der digitalen „Hall of Fame“ des deutschen Sports üblich ist, gibt es nicht.
„Ein Walk für ehrlichen Sport in Neubrandenburg“
Im Jahnforum von Neubrandenburg sind auf einer Tafel bis heute die Rekorde Ehemaliger zu sehen – ohne jede Erläuterung. Der DOH erinnerte daran, dass ein „gigantisches Betrugssystem“ die „hehren Ziele eines sportlichen und damit auch gesellschaftlichen Fair Plays auf den Kopf gestellt“ habe. Viele Doping-Opfer hätten bei ihrem öffentlichen Bekennen zur eigenen Doping-Vergangenheit zur Aufklärung beigetragen und alle Ehre verdient. Sie hätten sich nicht geschont, ihre Erfolge in Frage gestellt und dabei Widerstände oft auch im Nachbar- und Freundeskreis aushalten und überwinden müssen.
„Diese Zeitzeugen sind für ein realistisches Geschichtsverständnis wichtig, vor allem dafür, dass sich Irrwege nicht mehr wiederholen.“ Der DOH appellierte an Katrin Krabbe und Grit Breuer, als Zeitzeugen den Mut aufzubringen, mit „schonungsloser Aufdeckung der eigenen fragwürdigen Beiträge (…) einen Prozess des Lernens und des ,Nie wieder so‘“ zu unterstützen. „Ein Walk für ehrlichen Sport in Neubrandenburg“, schreibt der DOH-Vorsitzende Michael Lehner, „wäre Klasse und hätte alle Ehre verdient.“